Sonntag, 19. Mai 2013

Der Plapper-Professor. Zur Position von Prof. Dennis Snower, Präsident Institut für Weltwirtschaft, Kiel, in dem FAZ-Streitgespräch "Raus aus dem Euro? AfD will nicht zurück zur D-Mark" mit Prof. Bernd Lucke



Unter dem 18.05.2013 hatte FAZ.net das o. a. Streitgespräch veröffentlicht. Darin spricht sich Prof. Snower für, und Prof. Lucke, einer der drei Sprecher (Vorsitzenden) der neuen Partei Alternative für Deutschland (AfD), gegen einen Erhalt der Eurozone in der derzeitigen Form aus.

Während Prof. Lucke die ökonomischen Gesamtzusammenhänge beschreibt, liefert Prof. Snower für die Gegenposition politischen Quark mit ökonomischem Schnittlauch vermischt.
Das ist eine sehr harsche Beurteilung, für welche ich selbstverständlich die Darlegungs- und Beweislast trage. Den Beweis für die Richtigkeit dieser meiner Gesamtbewertung des Gesprächs erbringe ich in dem nachfolgenden Text.


Dass Snower auch heute noch den Euro einführen würde, während Lucke sich zu seinem Irrtum bekennt, früher ein Befürworter gewesen zu sein (und heute natürlich den Euro, wenn es denn rein hypothetisch anstehen würde, keinesfalls mehr einführen würde), lasse ich mal beiseite. Obwohl man über die Naivität in Snowers Antwort: "Unbedingt. Aber mit einem wetterfesten Regelwerk" nur den Kopf schütteln kann. Denn schließlich haben wir doch gesehen, dass die Politik zum Zwecke der Eurotz-Erhaltung JEDES Regelwerk vom Tisch fegt, und sogar das Bundesverfassungsgericht quasi nach dem Motto "Not kennt kein Gebot" in diesem Falle als Wurmfortsatz der Regierung agiert.

Schauen wir uns zunächst den folgenden Schlagabtausch an:
Lucke: "..... Die Löhne in Südeuropa sind um 30 bis 50 Prozent zu hoch. Eine Lohnsenkung in diesem Ausmaß ist nicht zumutbar. So bleibt nur eine Abwertung, und dafür braucht man eine eigene Währung."


Snower: "Ich teile Ihre Analyse, Herr Lucke, aber nicht Ihre Lösung. Die Einführung einer eigenen Währung hätte, wenn alles gutginge, nur einen kurzen Effekt. Preise glichen sich schnell wieder an. Die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes hängt aber nicht von seinen monetären Größen ab, sondern von seinen komparativen Vorteilen: Was können sie besser als andere? Das hängt von seiner Produktionsstruktur und seiner Innovationskraft ab. Wenn es schlecht liefe, könnte sich ein armes südeuropäisches Land mit einer schwachen Währung die zum Aufbau einer neuen Produktionsstruktur nötigen ausländischen Investitionsgüter nicht mehr leisten. Die Regierung würde ihr Heil in der Inflation suchen, es würde ein Währungschaos am Rande Europas entstehen."
Zunächst einmal stimmt die von der Satzfolge suggerierte Abfolge der Dinge insofern nicht, als keine Regierung eines Krisenlandes ihr Heil deshalb in der Inflation suchen würde, weil sich das Land keine Investitionsgüter mehr leisten könnte. Denn auch durch Inflation wird kein Land reicher; dann sinkt ganz einfach der Außenwert einer Währung. Das "Heil in der Inflation suchen" gehört sachlogisch also hinter den Satz "... nur einen kurzen Effekt".
Richtig brisant ist der Satz:"Wenn es schlecht liefe, könnte sich ein armes südeuropäisches Land mit einer schwachen Währung die zum Aufbau einer neuen Produktionsstruktur nötigen ausländischen Investitionsgüter nicht mehr leisten."
Schlecht läuft es schon jetzt. Und dass irgendein südeuropäisches Krisenland (oder das gleichfalls kriselnde Frankreich) irgendwelche massiven Anstrengungen zum Aufbau einer neuen Produktionsstruktur unternehmen würden, ist gegenwärtig kaum (allenfalls in Ansätzen) erkennbar.
Derzeit bekommen die Krisenländer jedoch massive Hilfen: Aus Steuergeldern via ESM, aber weit mehr noch durch frisch gedrucktes Geld von der Europäischen Zentralbank (u. a. die sog. "Target-Kredite"). Diese Gelder werden jedoch weitestgehend verfrühstückt.
Es ist auch grob naiv zu glauben, dass man nur eine Art Marshallplan auflegen müsse, um die Volkswirtschaften dieser Länder auf den richtigen Weg zu bringen (vgl. meine einschlägigen Blotts: http://beltwild.blogspot.de/2011/11/staatsschulden-griechenland-europaische.html   und   http://beltwild.blogspot.de/2012/02/faz-realist-vs-sz-schreibtischretterin.html )
Vor allem aber realisiert Snower offenbar garnicht, welchen ökonomischen Sachverhalt er, bezogen auf Deutschland, beschreibt, wenn er sagt, dass die Krisenländer sich nach einem Austritt aus der Eurozone keine Investitionsgüter (z. B. aus Deutschland) "mehr" leisten könnten. Er widerspricht damit nämlich seiner eigenen Behauptung (am Anfang):
"Die europäischen Staaten haben ..... wirtschaftlich ..... enorm vom Euro profitiert."
Worin liegt hier ein Widerspruch? Nun, Snower räumt hier ja implizit wieder ein, was er explizit ("Ich teile Ihre Analyse, Herr Lucke") schon vorher zugegeben hatte: Dass Deutschland seine Waren unter dem €-Währungs-Regime weitaus zu billig verkauft! Nur so macht ja die Feststellung Sinn, dass bei einem Euro-Austritt die ausländischen Investitionsgüter für die Krisenländer zu teuer würden: Sie würden nämlich dann auf jeden Fall teurer. Das heißt aber nur, dass die Verkäufer dann einen ANGEMESSENEN Preis erlösen würden; folglich müssen sie logisch zwingend ihre Güter bislang an diesen Kundenkreis unter Wert verkauft haben! Wie aber jemand von einer Währungsunion "profitiert", wenn er in einer und durch eine solche(n) um einen erheblichen Teil des Ertrages seiner Arbeit gebracht wird, weil er durch verzerrte Wechselkurse etwas verschenkt (gezwungen ist, etwas zu verschenken): Das bleibt das Geheimnis von Hr. Prof. Dr. Snower, Nationalökonom aus Kiel.
Luckes Feststellung, dass die Türkei im Vergleich zu Griechenland deshalb wirtschaftlich erfolgreicher war, weil sie eine eigene Währung hatte, weicht Snower aus, indem er die politische Dimension in den Vordergrund rückt. Dass er diese als den "Kern" bezeichnet macht deutlich, dass Snower weder willens noch fähig ist, die Eurozone ökonomisch zu rechtfertigen:
"Wir kommen zum Kern. Ich halte den von Ihnen propagierten Mechanismus der Euroauflösung für hochgefährlich. Sie wollen die südeuropäischen Länder de facto zwingen, den Euro aufzugeben. Das wäre die Konsequenz, wenn Deutschland sich nicht mehr am europäischen Rettungsfonds beteiligte. Die Gehässigkeit gegenüber den Deutschen ist jetzt schon groß in Südeuropa, Frau Merkel wird in Nazi-Uniformen abgebildet. Ein erzwungener Ausstieg aber wäre ein Horrorszenario: Sozial, einmal wegen der wachsenden Kluft zwischen reichen und armen Ländern und zum zweiten wegen der internen Kluft in den Ländern selbst zwischen denen, die Euros hätten, und denen, die nur Drachmen hätten."
Mit anderen Worten: Egal, ob es wirtschaftlich vertretbar ist oder nicht: Aus politischen (und sozialen) Gründen müssen wir mit aller Gewalt daran festhalten. Damit macht sich Snower die Argumente der angeblich "alternativlosen" Eurettungspolitik zu eigen.
Aber auch hier enthüllt er indirekt wieder, dass die Eurozone nur dann fortbestehen kann, wenn sie als dauerhafte Transferunion ausgestaltet wird. Denn wenn es ohne Eurozone zu einer "wachsenden Kluft zwischen reichen und armen Ländern" kommen würde heißt das ja nur wieder, dass die Krisenländer absolut unfähig sind, selber einen guten Lebensstandard zu erarbeiten [was übrigens Lucke grade vorher am Beispiel der Türkei widerlegt hatte!]. Das heißt dann natürlich auch (und ist, wie man unterstellen muss, von Snower auch so gewollt), dass die "reichen" Länder den "armen" Ländern dauerhaft Geld schenken, also die Eurozone als riesige Transferunion ausgestalten müssten. Und da würde dieser Ökonom den Euro sogar noch heute neu einführen wollen, weil wir doch dermaßen davon "profitiert" haben?
Weiß dieser Mann überhaupt, worüber bzw. was er redet? Oder segelt er, während er während des Gesprächs gedanklich gerade durch die Kieler Förde?
Sehr aufschlussreich ist auch die folgende Passage:
Snower: "Eins müssen Sie mir erklären. Wie machen wir den Griechen klar, dass Deutschland nicht verantwortlich ist für den Staatsbankrott, wenn wir ihn durch unser Veto gegen weitere Rettungshilfen ausgelöst haben? Jeder Grieche würde sagen, die Deutschen haben uns herausgestoßen."
Lucke: "Verantwortlich für den Staatsbankrott ist die griechische Regierung. Die deutsche Regierung ist nur dafür verantwortlich, dass der Bankrott so lange verschleppt wurde. Und jetzt halten wir uns einfach an das, was vereinbart wurde." [Also an das Bailoutverbot des Maastricht-Vertrages.]
Erneut wird deutlich, dass Snower rein politisch argumentiert, und weder wirtschaftliche noch juristische Argumente gelten lässt, die den Primat der Politik infrage stellen könnten: Ihn interessiert es nicht die Bohne, ob wir objektiv für den griechischen Staatsbankrott verantwortlich wären. Alles worum er sich Sorgen macht ist die Reaktion der griechischen Bevölkerung. (Und die werden naturgemäß entsprechend ihrer Interessenlage reagieren, also versuchen, Geld aus anderen herauszuquetschen. Und dafür auch die windigsten Argumente einsetzen. Mit Dank an den deutschen Prof. Dennis Snower.)
Auch hier argumentiert Snower rein auf der politischen Ebene:
"In Europa werden zwei Geschichten erzählt. Die Geschichte der Gläubigerstaaten geht so: Die unverantwortlichen Mittelmeerländer stehlen uns unsere Ersparnisse. Die Schuldnerländer erzählen: Europa hat einen neuen Hegemon. Das ist Deutschland. Und Deutschland erzwingt den gesellschaftlichen Zerfall südeuropäischer Länder. Wenn Deutschland jetzt noch den Euroausstieg erzwänge, dann wäre in Europa die Hölle los! Wie man dann noch Harmonie in Europa haben kann, ist mir schleierhaft."
Außerdem bleibt unklar, auf welche Weise er die südeuropäischen Länder dazu bringen will, Deutschland wieder lieb zu haben. Und ihren inneren gesellschaftlichen Zerfall zu stoppen.
Denn anders als sein Satzscharnier "jetzt noch" suggeriert, wäre unsere (de facto-)Forderung nach einem Austritt der Krisenländer ja gerade nichts, was wir denen ZUSÄTZLICH zu den Anpassungslasten der Eurozone (die lt. Snower in diesen Ländern zu einem "gesellschaftlichen Zerfall") führen auferlegen würden. Vielmehr geht Prof. Lucke / gehen wir (die AfD, ich und ihre Anhänger) ja von der genau gegenteiligen Annahme aus, dass ein Austritt der Krisenländer den gesellschaftlichen Zerfall dort stoppen würde.
Auf welche Weise Snower diesem von ihm selbst diagnostizierten Zerfall Einhalt gebieten will: Das bleibt das kleine Geheimnis dieses Weisen.
"Die Geschichte, die ich in Südeuropa höre, lautet: Wir sollen zu Untertanen Deutschlands gemacht werden. Die Deutschen wollten das immer schon, und jetzt gelingt es ihnen. Wenn Deutschland Hilfskredite blockiert, dann würden die anderen Ländern, das als Akt der Aggression werten."
Auch hier wieder im Ergebnis das Argument: Weil es die Südländer so wollen, müssen die Deutschen zahlen. Ausgesprochen unverfroren ist Snowers Formulierung, dass Deutschland "Hilfskredite blockiert". Das mag der Mann auf der Straße in den Krisenländern zwar so sehen; doch seinen deutschen Mitbürgern dürfte der von ihren Steuergeldern bezahlte Volkswirt ruhig reinen Wein einschenken: Diese Hilfskredite bezahlt niemand anders als wir selber. Die Formulierung "blockiert" ist irreführend, weil es so aussieht, als würde der liebe Gott die Kredite vergeben, und die bösen Germanen ihm dabei in den Arm fallen.
  
Was die Vorstellungen von Prof. Lucke und anderen angeht, einen Ausstieg der Krisenländer mittels Parallelwährungen abzufedern, bin auch ich ein wenig skeptisch. Zum einen scheint mir das recht kompliziert.  
  • Auch wenn die reine Umrechenarbeit von der einen in die andere Währung der Computer übernimmt, kann die Sache für die Menschen bei ihrer persönlichen Budgetplanung (aber auch in Firmen usw.) wohl doch etwas unübersichtlich werden: Welche Gelder kommen in welcher Währung rein / werden in welcher Währung ausgegeben?
  • Und was ist mit Umgehungsmöglichkeiten? Selbstverständlich würde jeder versuchen, durch eine gewissermaßen "Arbitrage" zwischen beiden Währungen Verluste zu vermeiden, oder zusätzliche Gewinne zu machen.

Insofern kann ich es nachvollziehen, wenn Snower eine rasche Umstellung fordert. Allerdings gibt es sicherlich auch Gegenargumente, die für Luckes Modell sprechen. Insoweit fehlt mir einfach das konkrete Vorstellungsvermögen, um diese Frage voll zu durchdringen.

Auf jeden Fall pariert Lucke den Konter von Snower auf jeden Fall sehr elegant, indem er (zutreffend) auf die einschlägigen Verantwortlichkeiten hinweist:
"Über das Tempo der Abwertung soll die jeweilige Regierung entscheiden. Sie kann auch alles ganz schnell haben."


Dass seine eigenen Vorstellungen zur Stabilisierung nichts als heiße Luft sind (oder aber er mit seinen wahren Zielen hinter dem Berge hält) zeigt sich am folgenden Dialog der FAZ-Redakteure mit Snower:
FAZ: "Okay, Herr Snower. Dann verraten Sie uns doch, wie Sie den Euro stabilisieren wollen?"
Snower: "Wir stehen an einem Scheideweg. Geben wir dem Euro noch einen Chance! Dafür brauchen wir Institutionen, die für alle bindend sind. Ich schlage vor, atmende Fiskalregeln einzurichten."
"Atmende Fiskalregeln" heißt natürlich nichts anderes, als den Krisenländern bei einer Flaute höhere Kredite zu genehmigen als im Boom.
Dem gegenüber weist Prof. Lucke richtig darauf hin, dass derartige formalen Regeln ohnehin nicht funktionieren werden; die Politik hat ja auch bislang schon alles mit Füßen getreten, was es an Regeln gab.
Der eigentliche Knackpunkt liegt aber woanders. Snower ist aus meiner Sicht unehrlich, wenn er seinen Plan so beschreibt:
"..... muss der Staat ähnlich wie in der Geldpolitik von einer unabhängigen Institution gezwungen werden, auf eine konstante Schuldenquote zu kommen."
Denn wer "atmende" Regeln will, verfolgt offenkundig das Ziel, den Krisenstaaten in der gegenwärtigen Lage höhere Schulden zu erlauben.
Da stellt sich zum einen die Frage, wer denn diesen Ländern höhere Kredite geben soll? (Snower denkt vermutlich an Gelddrucken durch die Zentralbank.)
Die ökonomisch zentrale Frage ist jedoch die nach einer exakten statistischen Beschreibung jener Zustände, die man als Boom, Normalphase und Rezession ansehen will. Und damit zusammenhängend, ob ein Land, dass durch überhöhte Schuldenaufnahme einen Boom, oder auch nur einen "Normalzustand" generiert hat, überhaupt jemals in der Lage ist, diese Schulden zurück zu zahlen.
In den meisten Fällen (nicht in Italien) waren diese paradiesischen Zustände ja mit einem Leistungsbilanzdefizit verbunden, und ein solches kann nach zwingenden saldenmechanischen Grundsätzen ausschließlich durch eine Netto-Kreditaufnahme im Ausland erfolgen. Dem entsprechend könnten solche Länder (extreme Beispiele Griechenland, und außerhalb der Eurozone die USA!) Schulden nur dann und dadurch zurückzahlen, dass und wenn sie Exportüberschüsse generieren.
Wenn ich nur auf Arbeitsplatz- und BIP-Daten schaue, enthüllt sich diese Dimension nicht, und ich kann nicht erkennen, dass Snower diese Problematik überhaupt auf dem Schirm hätte.
Konkret würden Snowers "atmende Fiskalregeln" scheitern:
  • Griechenland (Spanien usw.) würde er aktuell eine höhere Kreditaufnahme erlauben, um die Wirtschaft wieder auf Touren zu bringen.
  • Wirtschaft auf Touren würde aber zum selben Ergebnis führen, wie vorher auch, dass nämlich diese Volkswirtschaften die Kredite nicht produktiv anlegen, sondern verkonsumieren (einschließlich Immobilienbau).
  • Die Verschuldung müsste also immer weiter steigen, ohne dass diese Ökonomien jemals eine Struktur entwickeln würden, die ihre Leistungsbilanz verbessern und mithin eine Rückzahlung überhaupt erst ermöglichen würde.
Lucke hat also völlig Recht, wenn er sagt: "Dann kommen wir wieder in dasselbe Verschuldungsdilemma wie heute."
Nur wäre das nicht erst, wie Lucke meint, eine Folge falscher innenpolitischer Weichenstellungen ("Die Regierungen würden ihren Bürgern die optimistischsten Szenarien vorgaukeln, um ihnen soziale Wohltaten versprechen zu können"). Sondern diese Fehlentwicklung wäre bereits im Modell der "atmenden Fiskalregeln" selbst eingebaut!
Wenn Lucke sagt: "Ich glaube nicht daran, dass die Staaten in Aufschwungphasen ihre Schulden reduzieren", dann müsste man ergänzen: Das KÖNNTEN diese Staaten auch garnicht, weil es in den "atmenden Fiskalregeln" des Kieler Großökonomen Dennis Snower KEINEN Mechanismus gibt, der die Staaten veranlassen (dazu zwingen oder sie dafür belohnen) würde, einen "Swing" vom Leistungsbilanzdefizit zum Leistungsbilanzüberschuss zu erreichen bzw. anzustreben.
Und ohne Leistungsbilanzüberschüsse können die Krisenländer ihre Schulden nicht tilgen, lieber Prof. Snower! Das sollten Sie eigentlich wissen; ich unterstelle Ihnen, dass Sie diesen Sachverhalt aus politischer Liebedienerei gegenüber der Politik vorsätzlich aus der Debatte heraushalten!
Die Akteure an den Kapitalmärkten sehen solche Probleme selbstverständlich. da können die Politik und politikhörige Wirtschafts"wissenschaftler" ihre Köpfe noch so tief im Sand versenken. Deswegen wird es auch nicht funktionieren, dass, wie Snower offensichtlich glaubt, die Krisenländer die Kredite wieder am Kapitalmarkt aufnehmen können, und die anderen lediglich Zinssubventionen bezahlen müssten:
"Es soll die No-bailout-Regel wieder eingeführt werden. Europa darf auch für mich kein Haftungsverbund werden; der ESM darf den Staaten kein Geld mehr geben. Allenfalls für eine Übergangszeit von fünf Jahren kann ich mir einen Zinsausgleichsfonds - einen limitierten Transfer der anderen Länder - vorstellen, so lange, bis die Kapitalmärkte sich auf die Geltung der atmenden Fiskalregeln eingestellt haben."
Es ist ein Witz, wenn ausgerechnet Snower am Schluss auf eine diesbezügliche Frage der Redaktion antwortet:
"Ich bin nicht der Ansicht, dass Akademiker sich aus der Politik heraushalten sollten. Aber wir sollten zwischen akademischem Wissen und gesellschaftlichen Zielen unterscheiden. Das sind zwei unterschiedliche Verpflichtungen."
Snower lässt jegliches wissenschaftliches Ethos vermissen und wirft sich als professoraler Opportunist (um krassere Ausdrücke mal zu vermeiden) den Blockparteien an den Hals: Ein pseudowissenschaftlicher Spießgeselle der Berliner 'Blocki-Gang'.
Deren Silberlinge, in Gestalt von Forschungsaufträgen für sein Kieler Institut für Weltwirtschaft, werden wohl nicht ausbleiben. 
Die Öffentlichkeit indes wäre gut beraten, Snowers Lobbyisten-Texte in Sachen "Euro-Rettung" nicht einmal mit der Kneifzange anzufassen!


Nachtrag 24.05.2013
Der Blogger T. Baur hat ebenfalls einen kritischen (kurzen) Eintrag gegen Snower publiziert, und zwar unter dem treffenden Titel "Lucke gegen Snower oder: Luzide Logik gegen Marionette eurokratischer Ideologie".
Baur macht auch auf einen wichtigen Sachverhalt aufmerksam, der mir völlig entgangen war (meine Hervorhebung):

"..... bei faz.net ....., wo ein Gespräch zwischen AfD-Gründer Bernd Lucke und Dennis Snower, Präsident des Weltwirtschaftsinstitutes in Kiel, als Audio-Stream sowie - in gekürzter Version - zum Nachlesen abrufbar sind. "  

Nachtrag 27.05.2013
Die Anbiederung Snowers an die Politik erklärt sich (was ich im Prinzip ja bereits vermutet hatte) offensichtlich aus einem ganz konkreten Konkurrenzkampf der Wirtschaftsforschungsinstitute um Staatsknete.
Heute nämlich berichtet die WELT "Bund zieht das DIW aus Berlin dem IfW in Kiel vor": "Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) wird erstmals seit mehr als 60 Jahren nicht mehr an den Frühjahrs- und Herbstgutachten der Bundesregierung mitwirken.


Die Entscheidung des Bundeswirtschaftsministeriums habe das Institut am späten Freitagnachmittag erreicht, sagte IfW-Sprecher Jürgen Stehn. Den Platz räumen muss das IfW für das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) aus Berlin."
Hat sich für Snower also doch nicht ausgezahlt, dass er sich in dem Streitgespräch mit Prof. Lucke als Politikversteher präsentiert hat.
Jetzt hat er 'nen krummen Buckel, und Null Nutzen von seiner Polit-Schleimerei. Gut so!


ceterum censeo
Deutschland in Europa: Weder Zuchtmeister, noch Zahlmeister!

Textstand vom 20.05.2013

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