Allen denjenigen, die sich von der AfD eine (maßvolle) Steigerung, zumindest aber eine Sicherung ihrer Renten erhofft hatten, verpasst der
- "Leitantrag der Bundesprogrammkommission zur Debatte über die künftige Ausrichtung der Alternative für Deutschland in Fragen der Sozialpolitik zum 11. Bundesparteitag der AfD in Offenburg" (geplant: 25.-26.04.2020, mittlerweile jedoch wegen Coronavirus abgesagt)
Ohne das Titelblatt umfasst der gesamte Text 21 S., davon 16 Seiten zur Rentenversicherung (S. 2 - 17; Zeile 1 - 442).
Der Rest (S. 18 - 21; Zeile 443 - 588) enthält "Leitlinien zur Gesundheitspolitik".
Der Renten-Teil wiederum ist unterteilt in die (im Original nicht nummerierten) Kapitel
- Präambel (S. 3, Z. 1 - 26 = 26 Zn. = ca. 6%. Da es hier nur um die Renten-, nicht um die Krankenversicherung geht, ist sie dem Rententeil zuzurechnen.)
- Die demografische Krise und ihre Ursachen (S. 4 - 8; Z. 27 - 197 = 171 Zn. = ca. 39%)
- Die Bedeutung von Kultur, Bildung und Forschung für den Erhalt der sozialen Sicherungssysteme (S. 9 - 10; Z. 198 - 271 = 74 Zn. = ca. 17%)
- Das Rentenproblem (S. 11 - 17; Z. 272 - 442 = 171 Zn. = ca. 39%). [Su. 101% durch Rundungsdifferenzen]
Das "Rentenproblem" ist in drei Unterkapitel gegliedert (auch die anderen Kapiteln sind teilweise weiter unterteilt; das ist jedoch vorliegend ohne Belang):
- Die Ausgangslage (S. 11 - 15; Z. 272 - 345 = ca. 17%, jedoch ohne die 4 Schaubilder, die in diesem Abschnitt abgebildet sind)
- Reform der Rentenversicherung (S. 15 - 16; Z. 346 - 423 = 78 Zn. = ca. 18%; Hervorhebung von mir.) Man sieht, welch einen geringen Raum das, was doch eigentlich der Kern des Leitantrags sein sollte, überhaupt ausmacht! Dieser - kurze - Passus zerfällt seinerseits in die Abschnitte: "Freiheit beim Renteneintritt" (gemeint ist das Alter; aber hier versteckt sich, wie wir sehen werden, auch die erwartete - weitere - Absenkung der Renten!); "Altersarmut verhindern": "Abschaffung der Politikerpensionen"; "Private Vorsorge stärken". Der
- Ausblick (S. 17; Z. 424 - 442) ist gewissermaßen ein Trostpflaster für den AfD-Ko-Vorsitzenden Prof. Jörg Meuthen, weil dessen völlig untauglicher Rentenplan völlig unberücksichtigt blieb.
I. Wie beurteilt der Leitantrag die Lage und die voraussichtlichen Entwicklungen der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland für die nächsten ca. 30 Jahre?
1. Präambel:
(Die Zeilen sind im Antrag durchnummeriert; Zeile 14 - 15; meine Hervorhebung)
"Erhebliche Einschnitte stehen uns bevor und je länger sie hinausgezögert werden, desto tiefer und schmerzhafter werden sie uns alle treffen."
Der Antrag rechnet also mit "Einschnitten", und sogar "erheblichen".
Dass diese "uns alle" treffen, ist der übliche politische Phrasendrusch: Tatsächlich sollen (wie ich später zeigen werde) diese Einschnitte ausschließlich die Rentner treffen.
(Zeile 24/25; meine Hervorhebung)
"Der vorliegende Leitantrag will ..... die Ursache der Schieflage langfristig ... beheben."
Diesem Programmentwurf geht es also nicht darum, in absehbarer Zeit Verbesserungen (oder auch nur eine Stabiisierung) für die Rentner zu entwerfen: Eine solche soll erst "langfristig" (lies: in 30 Jahren ab Umsetzung des Programms) eintreten.
(Z. 24 - 26; meine Hervorhebung)
"Der vorliegende Leitantrag will ..... zudem einen Beitrag dazu leisten, die drohende Altersarmut zu vermeiden."
Der entsprechende Vorschlag findet sich auf S. 15, Z. 364 ff. ("Altersarmut verhindern"). Ich halte ihn, wie ich unten erläutern werde, für untauglich. weil (wohl unbeabsichtigt) allzu großzügig und damit zu kostspielig.
II. Auf welche Weise will der Leitantrag die Renten LANGFRISTIG (nach ca. 30 Jahren) stabilisieren?
2) Die demografische Krise und ihre Ursachen:
(28 - 40; meine Hervorhebungen)
"Die wesentliche Ursache für die Verwerfungen in unseren Sozialsystemen ist die demografische Krise. Insbesondere die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung beruhen auf der Voraussetzung, dass nachfolgende Generationen mindestens ähnlich groß sind, wie die vorhergehenden. Dies ist wegen des Geburteneinbruchs seit Anfang der 70er Jahre nicht mehr der Fall. Spätestens Anfang der 80er Jahre war absehbar, dass es sich bei dieser Entwicklung um einen dauerhaften Trend handelt. Zu dieser Zeit hätte mit einer aktivierenden Familienpolitik und großen staatlichen Kapitalansammlungen reagiert werden müssen. Dies ist bis heute unterblieben und wird jetzt die Funktionseinschränkung insbesondere des staatlichen Renten versicherungssystems herbeiführen. Diese bedeutet vor allem, dass zukünftige Rentnergenerationen nicht mehr wirkungsvoll vor Altersarmut geschützt werden. Da die Maßnahmen zur Verbesserung der demografischen Situation in Deutschland erst mit einer Verzögerung von ca. 30 Jahren wirksam werden, ist es Aufgabe der Politik, die soziale Infrastruktur unter erschwerten Bedingungen funktionsfähig zu halten."
Dazu folgende Bemerkungen:
aa) "große staatliche Kapitalansammlungen": Es ist äußerst zweifelhaft, ob solche Kapitalansammlungen (technisch: - partielle - Rentenfinanzierung im Kapitaldeckungsverfahren) sinnvoll gewesen wären. Sie hätten nämlich zu einem entsprechend hohen Nachfrageentzug in der Realwirtschaft geführt und wahrscheinlich enorme Störungen hervorgerufen.
ab) Die Verfasser, also die Mitglieder der Bundesprogrammkommission, dürften größtenteils überzeugte Marktwirtschaftler sein. Von daher ist es einigermaßen amüsant, dass ausgerechnet diese Leute "große staatliche Kapitalansammlungen" fordern. Denn das geht tendenziell in Richtung "Staatswirtschaft". Auch wenn das praktisch wohl über einen oder mehrere rechtlich selbständige Fonds abgewickelt werden soll und würde, kann sich der Staat natürlich mit relativ wenig Mühe einen Zugriff auf diese/n Fonds und die dort verwalteten Unternehmensanteile verschaffen.
b) Wieso "zukünftige Rentnergenerationen nicht mehr wirkungsvoll vor Altersarmut geschützt werden", erschließt sich mir nicht. Denn genau diesen Schutz will das Programm gewährleisten (S. 15, Z. 364 - 372 "Altersarmut verhindern").
c) Aus diesem Passus ("Verzögerung von ca. 30 Jaren") leitet sich meine Zwischenüberschrift und meine Anmerkung zu Z. 24/25 her, dass dieser Leitantrag eine Verbesserung der Renten erst in ca. 30 Jahren vorsieht.
(65 - 69)
"Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Eltern die Kosten für die Kinder tragen, die später auch die höheren Renten für die Kinderlosen erwirtschaften. Die Kosten werden individualisiert, die späteren Erträge in Form von Rentenbeiträgen und Steuern werden vergesellschaftet. Diese elementare Ungerechtigkeit der Lastenverteilung wurde mit der Rentenreform 1957 eingeführt und bedarf einer dringenden Korrektur."
Das ist das übliche - und falsche - Lamento der KDV-Befürworter. (Die Mitglieder der Bundesprogrammkommission dürften mehrheitlich solche sein; aber immerhin sind sie realistisch genug, um KEINE - totale - Umstellung vom UV auf das KDV zu fordern, weil sie die gigantischen Kosten kennen und wissen, dass das eine - wenngleich langsam absinkende - Doppelbelastung für eine ganze Generation bedeuten würde.)
Die "elementare Ungerechtigkeit der Lastenverteilung" gab es bereits vor 1957, als die Renten noch teilweise steuerfinanziert waren (weil das angesammelte Vermögen der GRV durch den 2. Weltkrieg verlorengegangen war). Und es gäbe sie auf andere Weise im Ergebnis genauso im KDV.
Der Grund für den (auch bei Wirtschaftswissenschaftlern weit verbreiteten) Fehler liegt darin, dass die KDV-Apostel stets so denken und argumentieren, als ob bei "ihrer" Form der Rentenfinanzierung die Kinderzahl unerheblich sei. Was natürlich nicht stimmt: Bei gleicher technologischer Ausstattung produzieren weniger Arbeitenden nun einmal weniger Güter als mehr Arbeitende. Und bei weniger Arbeitenden lassen sich auch weniger Investitionen sinnvoll durchführen, d. h. ist es völlig sinnlos (und sogar kontraproduktiv), mehr Geld zu "sparen".
In meinem Blott "Rentendebatte: Lug und Trug der KDV-Klinkenputzer" vom 06.03.2020 hatte ich dazu geschrieben:
"... wenn man sich ganz konkret eine Situation vorstellt, in der Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung weggefallen sind und jeder selber für sein Alter Geld sparen muss, dann entdeckt man, dass die Familien IMMER NOCH BENACHTEILIGT sind! Denen bleibt ja, nach Abzug ihrer Kinderkosten, im Vergleich zu den Kinderlosen weniger oder gar nichts für die Altersvorsorge übrig! Da kann also was nicht stimmen: Familien sind in BEIDEN Systemen in gleicher Weise benachteiligt! Die Fehlanreize GEGEN das Kinderkriegen können nicht dem UV zugeschrieben werden, wenn sie sich im KDV genauso manifestieren."
Neben den Rentnern profitieren nämlich auch die Kapitalbesitzer (darunter auch KDV-finanzierte Rentner!) von anderer Leute Kindern: Ohne dieses "Humankapital" wären ihre ganzen Fabriken usw. ("Sachkapital") komplett wertlos. "... die späteren Erträge" (der "Kinder") werden eben keineswegs nur "in Form von Rentenbeiträgen und Steuern ..... vergesellschaftet": sie werden auch in Form von Kapitalrenditen privatisiert. Die Kapitalbesitzer bezahlen zwar den Kindern einen Lohn; die ELTERN, die in dieses "Humankapital" "investiert" haben, gehen jedoch leer aus. Es handelt sich also um ein Marktversagen, das nur der Staat mit entsprechenden "Transferleistungen" ausgleichen kann. (Eine starke Ausweitung dieser "Transferleistungen" fordert der Leitantrag tatsächlich; allerdings ohne das auf meine Weise ökonomisch zu begründen.)
(110-116)
"... fordert die AfD die demografische Wende. Eine Steigerung der Geburtenrate auf ein bestandserhaltendes Niveau von 2,1 Kindern pro Frau ist die einzige Möglichkeit zur Stabilisierung und zum Erhalt unserer Sozialsysteme, aber auch zur Bewahrung unserer Kultur und zum Fortbestand unseres Volkes. Dies ist nur durch eine aktivierende Familienpolitik möglich. Je früher das gelingt, desto geringer werden die Einschnitte in der Rentenversicherung, sowie in der Pflege- und Krankenversicherung ausfallen."
a) Diese Forderung steht im Widerspruch zu unserem Stuttgarter AfD-Grundsatzprogramm. Dort heißt es unter Ziff. 6.4 (S. 43):
- "Eine graduelle Abnahme der Bevölkerungszahl darf in Deutschland als einem der am dichtesten besiedelten Länder der Welt kein Tabu sein. Neue Techniken der Automatisierung und Digitalisierung bieten Deutschland die Chance, auch bei einer abnehmenden Zahl an Arbeitskräften die Wirtschaftskraft Deutschlands ohne gravierende Wohlstandsverluste zu erhalten."
- "Den demografischen Fehlentwicklungen in Deutschland muss entgegengewirkt werden. Die volkswirtschaftlich nicht tragfähige und konfliktträchtige Masseneinwanderung ist dafür kein geeignetes Mittel. Vielmehr muss mittels einer aktivierenden Familienpolitik eine höhere Geburtenrate der einheimischen Bevölkerung als mittel- und langfristig einzig tragfähige Lösung erreicht werden."
(120 - 125)
"Die AfD möchte mit dem steuerlichen Familiensplitting hier einen Paradigmenwechsel einleiten. Ergänzend sollen Eltern zur Herstellung der Lastengerechtigkeit bei der Geburt jeden Kindes eine Rückzahlung bereits entrichteter Rentenbeiträge erhalten bzw. von zukünftigen Beiträgen in entsprechender Höhe freigestellt werden, ohne dass die spätere Leistung gekürzt wird. Abgerundet wird das Maßnahmenpaket durch einen früheren Renteneinstieg in Abhängigkeit der Kinderzahl."
Hier greift das Programm munter "in die Vollen", ohne eine einzige Angabe zu den Kosten zu machen:
- Familiensplitting (statt dem bisherigen Ehegattensplitting)
- Kinderprämie in Form von Rückzahlung bereits entrichteter Rentenbeiträge (konkretisiert in Zeilen 401 - 405)
- Früherer Renteneinstieg je nach Kinderzahl.
Jedenfalls: Seriös sind diese üppigen Versprechungen NICHT! (Zumal das noch keineswegs die ganze Palette ist: s. u.)
(130 - 133)
"Die AfD möchte für die ersten drei Jahre ein Betreuungsgeld einführen, das sich als Lohnersatz leistung am bisherigen durchschnittlichen Nettolohn der letzten drei Jahre orientiert, gedeckelt auf die Höhe des allgemeinen durchschnittlichen Nettogehalts."
Das Geldausgeben geht mit dieser vierten Maßnahme munter weiter; man könnte boshaft sagen: Für Familien hat die AfD einen großen Dukatenscheißer in der Ecke stehen; für Rentner hat sie - nichts! Angaben über die Kosten sucht man selbstverständlich auch hier vergebens.
(137 - 140)
"Für junge Familien und Familien, die nicht von der Lastengerechtigkeit (Rückzahlung der Rentenbeiträge bei Geburt) profitieren, sollen die Erstanschaffungen bei Familiengründung durch einen Ehe-Start-Kredit unterstützt werden. Bafög-Empfängern soll bei einer Geburt während der Ausbildung bzw. während des Studiums die Rückzahlung erlassen werden. Der Wiedereinstieg von Eltern nach der Babypause soll durch nach Kinderzahl gestaffelte Lohnsubventionen an die Arbeitgeber vereinfacht werden. Mit einsetzender Wirkung der aktivierenden Familienpolitik, muss familienfreundlicher Wohnraum gefördert werden, vor allem für Mehrkinderfamilien."
Wenn man schon mal beim Geldausgeben ist, gibt es bald kein Halten mehr; hier kommen drei weitere Sprudelquellen (den Ehe-Start-Kredit nicht eingerechnet. weil es sich ja um einen Kredit handeln soll; evtl. Zinssubventionen dürften Pipifax sein im Vergleich zu den anderen Ausgabeposten), welche die Liquidität der Steuerzahler unters Volk bringen sollen:
- Erlass von Bafög-Ansprüchen bei Kindergeburt während des Studiums (ein eher kleiner Ausgabeposten)
- Lohnsubventionen an Arbeitgeber für Wiedereinstellung von Eltern nach der Babypause. (Marktverzerrend und überflüssig wie ein Kropf: Bei Arbeitskräfteüberangebot werden dadurch allenfalls andere Arbeitskräfte verdrängt und bleiben arbeitslos; bei Arbeitskräftemangel stellen die Arbeitgeber ohnehin "jeden" ein.)
- Wohnraumförderung
(177 - 179)
"Adoptionen müssen vereinfacht werden, um als Alternative zur Abtreibung stärker in Betracht gezogen zu werden. Darüber sollte die anonymisierte Meldepflicht für Ärzte für Abtreibungen umgesetzt werden, um gesicherte Statistiken zu erhalten."
Das ist mal eine kreative Idee, die (jedenfalls für sich betrachtet) nichts kostet!
(194 - 197)
"Unabhängig von den reinen quantitativen Betrachtungen, müssen bei den im Raum stehenden Zuwanderungszahlen aber natürlich auch die kulturellen und zivilisatorischen Änderungen be rücksichtigt werden, die durch Migration verursacht werden und bereits heute unser Land spürbar verändern."
Das hat jetzt nicht direkt mit der Rentenfinanzierung zu tun, doch mögen es mir die Leser nachsehen, dass ich diese richtige und wichtige Bemerkung würdigen und "pro memoriam" festhalten möchte.
3. Die Bedeutung von Kultur, Bildung und Forschung für den Erhalt der sozialen Sicherungssysteme.
Zu den Inhalten dieses Kapitels habe ich keine konkreten Anmerkungen. Auch hier möchte ich lediglich die richtige Idee würdigen, ausführlich auf die Bedeutung dieser Aspekte hinzuweisen und das "pro memoriam" festhalten.
Was vielleicht noch fehlt, ist die Idee einer "gesamtgesellschaftlichen Rationalisierung", die ich in meinen "opus magnum" namens "Rentenreich" bereits im Jahr 2004 entwickelt hatte. Nach meinem Eindruck hat die Gesellschaft (u. a. bedingt durch steigende Komplexität, aber auch durch ständige Bevölkerungsverdichtung) einiges an "Speck" angesetzt, an den wir die Rationalisierungsfortschritte der Wirtschaft "verfüttern": "Die Organisation unserer Gesellschaft lässt mit großer Sicherheit noch viel Raum für derartige Restrukturierungen mit dem Ziel einer Effizienzsteigerung" hatte ich damals geschrieben. Wir müssen einfach damit Schluss machen, dass unsere Geld beispielsweise für extrem kostspielige Inklusionsmaßnahmen (beispielsweise Gebärdendolmetscher für einzelne Gehörlose in normalen Schulen) oder andere Mätzchen verheizt wird; hier muss das Motto "wir haben's ja" wieder durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ersetzt werden. Und auch anderswo, beispielsweise bei der Justiz, ließe sich sicherlich Geld einsparen. (Beispielsweise könnte man in Strafverfahrungen die Einlegung von Rechtsmitteln durch die Straftäter dadurch riskanter machen - und deren Zahl dadurch drücken -, dass man den Instanzengerichten erlaubt, Strafen auch dann zu erhöhen, wenn das Rechtsmittel - nur - vom Angeklagten eingelegt wurde.)
Auch die Zusammenlegung von Kommunen, Landkreisen und Bundesländern, die Vereinheitlichung von Bauvorschriften usw. könnte Steuergelder einsparen.
Anders als in Unternehmen üblich werden solche "kleinen" Einsparmöglichkeiten im politischen Raum leider wenig identifiziert und geschätzt: Das ist viel "Klein-Klein", kann aber in der Summe große Wirkung haben, wenn man das konsequent einfordert und durchsetzt. Wozu aus meiner Sicht gerade die AfD ganz besonders befähigt und berufen wäre.
4a. Das Rentenproblem: Die Ausgangslage
(301 - 303; meine Hervorhebung)
"Je größer die Population der erwerbstätigen Bevölkerung im Verhältnis zur Rentnerpopulation ist, desto leichter lässt sich die Finanzierungslast EINES SOLCHEN UMLAGESYSTEMS tragen und umgekehrt."
Dieser Satz ist nicht falsch; er enthält jedoch eine grobe Täuschung der Leser (und wohl auch Selbsttäuschung der Verfasser): Dass der Altenquotient nur beim Umlageverfahren eine Rolle spiele, während das Kapitaldeckungsverfahren davon nicht betroffen sei. Das ist eine jener Täuschungen und Lügen, die ich in meinem oben zitierten "Lug und Trug ..."-Blott aufgedeckt bzw. widerlegt habe. Für den vorliegenden Sachverhalt hatte ich dort geschrieben:
- "Bei gleicher technischer Ausstattung produzieren mehr Arbeitende logischer Weise mehr als weniger Arbeitende; somit werden sie (in ABSOLUTEN Zahlen) auch weniger „abgeben“ können und wollen. (Theoretisch könnte die sinkende Arbeitnehmerzahl durch Produktivitätssprünge ausgeglichen werden; aber heutzutage sind die Produktivitätssteigerungen (auch in anderen entwickelten Ländern) nur noch mickrig.
- Wollte man dennoch von hohen Produktivitätssteigerungen ausgehen, dann wäre es auch kein Problem für die Arbeitenden, prozentual höhere Beiträge abzuführen - und somit die gesamte Debatte um die demographische Krise überflüssig."
(Schaubild 1 und Z. 311 - 312)
Das Schaubild zeigt die tatsächliche bzw. erwartete Entwicklung des "Altenquotienten" (Verhältnis Alte zu Arbeitende in %) in verschiedenen Ländern von 2013 - 2050.
In Deutschland ist ein besonders dramatischer Anstieg im Zeitraum von 2020 - 2030 zu erwarten; danach bleibt das Verhältnis weiterhin hoch (mit einem leichten Anstieg).
"Markant tritt dabei die zukünftige Vergrößerung der Rentnerpopulation im Verhältnis zur Bevölkerung im erwerbfähigen Alter in allen Ländern in Erscheinung."
Und weil, wie ich soeben gezeigt habe, eben auch im Kapitaldeckungsverfahren die Erträge (und schon vorher bereits die Möglichkeit, überhaupt Geld produktiv anlzulegen, also Investitionen in diese Volkswirtschaft zu machen) von der Anzahl der Arbeitnehmer abhängt, zeigt sich hier, dass wir unsere Renten auch nicht durch Auslandsinvestitionen (im KDV) steigern könnten. (Weitere Gründe, warum das nicht funktionieren kann, habe ich u. a. in meinen Blotts "Rentenfinanzierung: Merz (CDU) und Meuthen (AfD) als Hütchenspieler der Kapitalinteressen" vom 17.12.2019, "Renten retten mit Klippschul-VWL?" vom 07.03.2019 dargelegt. Eine grundsätzliche Übersicht der unterschiedlichen volkswirtschaftlichen Aspekte in Sachen Rentenfinanzierung bietet der Blott "Renten richtig retten: VWL-Denkmodelle gegen Markt-Schreier-Schwindel" vom 25.11.2018.)
(Schaubild 2 - S. 13)
Das Schaubild 2 zeigt die prognostizierte Entwicklung der Rentenausgaben von 2015 - 2029 in verschiedenen Szenarien (als Basiszahlen gebe ich nachfolgend die Werte von 2020 an):
- "Status quo" (Absenkung der "Eckrente" auf 44%): 326 Mrd. € ==> 449 Mrd. €
- "Eckrente" 47,5%: 326 Mrd. € ==> 477 Mrd. €
- "Eckrente" 50%: 342 Mrd. € ==> 500 Mrd. €
(Schaubild 3 - S. 14)
Hier sind die Differenzbeträge aus Schaubild 2 aufgelistet, d. h. die ZUSÄTZLICHEN Aufwendungen bei einer Eckrente von 47,5 bzw. 50% im Vergleich zur Absenkung des Sicherungsniveaus auf (nur noch) 44% nach geltendem Rentenrecht.
(Schaubild 4 - S. 14)
Für die 3 Szenarien ist die erforderliche Beitragshöhe (derzeit: 18,7%) errechnet.
Hier die Werte für 2029:
- Eckrente 44% = gut 21% Beiträge
- Eckrente 47,5% = gut 23% und
- Eckrente 50% = 25% Beiträge
III. Welche Vorschläge macht der Leitantrag für die kurze und mittlere Frist?
4b. Das Rentenproblem: Reform der Rentenversicherung
(360 - 363)
"Das allgemeine Rentenniveau muss sowohl die Interessen der arbeitenden Bevölkerung als auch der Rentner berücksichtigen und einen Ausgleich schaffen. Es muss deshalb auf Grundlage der Lebenserwartung und des Beitragsaufkommens kontinuierlich angepasst werden."
Hier ist der Knackpunkt und Knaller des Programms: Vor dem Hintergrund der pessimistischen Prognosen zur demographischen Entwicklung und damit zum Beitragsaufkommen kann ist auf Basis des gegenwärtigen Finanzierungssystems (welches das Programm nicht wesentlich verändern will) damit nur eine ABSENKUNG der Renten gemeint sein - und das offensichtlich noch unter das ohnehin schon mickrige Sicherungsniveau von 44%.
Unverständlich ist mir, weshalb bei den geplanten Rentensekungen auch auf die Lebenserwartung abgestellt werden soll (wobei ich, wie zweifellos auch die Autoren, von einer weiteren Steigerung ausgehe): DIESE Entwicklung lässt sich m. E. sozialverträglicher über ein entsprechend steigendes Renten-(Regel-)Eintrittsalter berücksichtigen, d. h. die Arbeitnehmer müssten dann eben entsprechend länger arbeiten. (Was in der Tat nur fair ist gegenüber den Beitragszahlern!)
Die allgemeine Feststellung
"Das allgemeine Rentenniveau muss sowohl die Interessen der arbeitenden Bevölkerung als auch der Rentner berücksichtigen und einen Ausgleich schaffen"
ist freilich richtig und wird von mir unterstützt. Aber dann muss man auf andere Weise ein akzeptables Rentenniveau ermöglichen. GENAU DAS LEISTET MEIN EIGENER RENTENPLAN
(365 -367)
"Wer lange in die Rentenkasse eingezahlt hat, sollte auch bei einem geringeren Einkommen bessergestellt werden als Personen, die größtenteils arbeitslos waren. Dies wird erreicht, indem nur 25% der Altersrente auf die Grundsicherung im Alter angerechnet wird."
Zunächst einmal ist es BEGRÜSSENSWERT, dass die AfD für die Kleinrentner KEINE MINDESTRENTE vorsieht. Denn die wäre tatsächlich eine demotivierende und sozusagen "sozialistische" Gleichmacherei, weil eine Mindestrente alle Kleinrentner über einen Kamm schert.
Dennoch habe ich mit mit der hier gewählten Lösung GEWALTIGE PROBLEME.
Welche, zeige ich in den folgenden beiden alternativen Rechenszenarien (Einzelperson, Grundsicherung fiktiv 800,- €):
Variante A:
600,- Rente, somit regulär 200,- Aufstockungsbetrag.
Da
jedoch (nach der o. a. Regelung) nur 150,- auf die Grundsicherung
angerechnet werden, müssten tatsächlich 800,- ./. 150,- = 650,-
Aufstockung gezahlt werden.
Tatsächlicher Leistungsbezug somit: 600,- Rente + 650,- = 1.250,- gesamter Leistungsbezug.
Wäre jedoch ungerecht, einem Rentner mit 1.000,- € regulärer Rente am Ende WENIGER zu bezahlen, als einem 600,- €-Rentner: Das wäre sogar eine gigantische Sauerei!
Oder gilt insoweit die
Variante B:
Rente 1.200,- €. Da Anrechnung nur 300,- €, wird sie um 500,- € (800,- ./. 300,-) aufgestockt. Somit Gesamtleistung 1.700,-.
Nicht schlecht, Herr Specht! Wird aber verdammt teuer für die Steuersklaven!
Schon bei einer Einzelperson würden dann nämlich Renten bis unter 3.200,- € aus der Grundsicherung aufgestockt! Zwar um zunehmend geringere Beträge - aber trotzdem geht das ins Geld!
Mache ICH jetzt einen Denkfehler? Oder ist der Programmentwurf in diesem Punkt tatsächlich derart fehlerhaft?
Jedenfalls schließt MEIN Rentenkonzept mit prozentual höheren Renten im unteren Bereich solche krassen Ungerechtigkeiten bzw. Unfinanzierbarkeiten aus.
(373 ff.)
Hier wird eine Abschaffung der Politikerpensionen und Einbeziehung dieses Personenkreises in die gesetzliche Rentenversicherung gefordert. Diese Forderung wird im Volk gut ankommen; quantitativ bringt sie aber nicht viel. Und ich bezweifele, dass ein Bundesgesetz den Landesparlamenten insoweit Vorschriften machen könnte. Allerdings würde ein sozialer Druck auch auf dieser Ebene entstehen, wenn der Bundestag mit einer entsprechende Regelung vorangehen würde.)
(381 ff.)
Der Leitantrag will die Beamtenpensionen beibehalten. Das wird, speziell in unserer Partei, auf heftige Kritik stoßen; ist aus meiner Sicht aber RICHTIG!
Allerdings würde - was mir ebenfalls sinnvoll erscheint -, der Umfang dieses separaten Systems der Altersversorgung für die fernere Zukunft dadurch eingeschränkt, dass "die Verbeamtung auf rein hoheitliche Aufgaben beschränkt" werden soll.
(392 - 396)
"Um eine mögliche, spätere Abhängigkeit von der Grundsicherung im Alter zu verhindern, soll für Selbständige eine Altersvorsorge eingeführt werden. Selbständige werden insofern grundsätzlich in die Gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen, können aber bei Nachweis einer privaten Altersvorsorge austreten bzw. die Beitragszahlungen suspendieren (opt-out Möglichkeit)."
Die Überlegung in Satz 1 ist absolut vernünftig. Eine Austrittsmöglichkeit allerdings nicht: WENN man den Selbständigen überhaupt ein Wahlrecht geben will, dann bitte nur AM ANFANG. Denn schließlich braucht die GRV Planungssicherheit.
Ich bin allerdings dafür, auch die Selbständigen durchgängig (allenfalls anfänglich mit Ausnahme der Älteren) in die GRV einzubeziehen. Denn letztlich steht hinter der Vorstellung, dass eine "private Altersvorsorge" (also das Kapitaldeckungsverfahren) (mindestens) genauso gut sei wie die GRV, die irrige (i. d. R. unterschwellige) Annahme, dass das KDV von der Arbeitskräfteverknappung unberührt bleiben könne. Das ist freilich, wie ich oben schon sagte, Klippschul-VWL!
(399 - 401)
"Die Familien tragen die Lasten der Kindeserziehung, die späteren Leistungen der Kinder, insbesondere in der Rentenversicherung, kommen aber vor allem den Kinderlosen zu Gute."
Richtig ist, dass die Familien Lasten tragen. Falsch ist, dass diese Aufwendungen "insbesondere" den kinderlosen Rentnern zugute kommen. Die tatsächlichen Zusammenhänge erschließen sich nur bei einer KONSEQUENT ÖKONOMISCHEN Betrachtung: Die Eltern sind dann nämlich "Sparer"; sie "investieren" ihr Geld in "Humankapital". (Schon 2004 hatte ich auf meiner Webseite "Rentenreich" die Eltern als "Humankapitalsparer" identifiziert.) Die Erträge dieses "Humankapitalsparens" erhalten aber nicht die Eltern, sondern
"Die AfD möchte hier einen Ausgleich herstellen, indem Familien für jedes Kind € 20.000,- Beiträge der Eltern zur Rentenversicherung aus Steuermitteln erstattet bekommen, ohne dass sich die Rentenansprüche dadurch verringern. Wurden noch keine Beiträge in entsprechender Höhe gezahlt, erfolgt eine Anrechnung auf zukünftige Rentenbeiträge. Die Eltern werden dadurch in dem Lebensabschnitt unterstützt, in dem die Kosten für die Kinder anfallen und ggf. ein Elternteil vollständig oder teilweise auf das Erwerbseinkommen verzichtet."
a) Richtig ist es, dass dieser Ausgleich "aus Steuermitteln" finanziert werden soll. Denn, wie ich soeben gezeigt habe, profitieren eben NICHT nur die kinderlosen Rentner von anderer Leute Kinder, sondern auch die Kapitalbesitzer und die kinderlosen Bürger als Empfänger oder Nutznießer staatlicher Leistungen.
b) Ebenfalls gut und richtig ist die Überlegung, die Eltern dann zu unterstützen, wenn die Ausgaben anfallen - und nicht erst (wie nicht wenige Vorschläge das vorsehen) im Rentenalter, wenn sie dieses Geld gar nicht mehr brauchen. Allerdings macht der Plan in Z. 124/125 davon insofern eine - mir unverständliche und unbegründete - Ausnahme, als er Eltern zusätzlich einen früheren Renteneintritt ohne Abschläge ermöglichen will.
c) Unverständlich ist mir auch, wie und wieso diese Zahlung überhaupt irgendwie an die Rentenbeiträge anknüpfen will: Schließlich ist es doch eine Leistung aus Steuermitteln? Wie soll da eine "Anrechnung auf zukünftige Rentenbeiträge" überhaupt funktionieren? Soll das heißen, dass in diesen Fällen die Eltern erst später, ratenweise, durch Wegfall der Beitragspflicht in der entsprechenden Höhe bekommen? Das wäre für mich a) ein denkbar überflüssiges Bürokratiemonster und würde b) ausgerechnet junge Familien benachteiligen, die noch keine Ersparnisse ansammeln konnten, vielleicht sogar noch in der Ausbildung sind. DAS MUSS GEÄNDERT WERDEN!
(415 - 419; meine Hervorhebung)
"... sollte diese Art der Einkommensteuerbefreiung ["Riester-Rente"] bei der kapitalgedeckten Altersvorsorge auslaufen und durch flexiblere sowie unbürokratischere Modelle ersetzt werden. Insbesondere sollten Sparer im Rahmen dieser Modelle frei entscheiden können, wie sie ihr Geld während der Ansparphase anlegen und die Mittel nach Erreichen des Rentenalters nutzen."
Diese Passage ist für mich einigermaßen kryptisch (und vielleicht einem Formelkompromiss zwischen divergierenden Positionen in der Programmkommission zuzuschreiben): Will man die steuerliche Förderung von privatem Sparen (KDV) nun wegfallen lassen - oder (so ist das wohl eher gemeint) lediglich andere private Sparformen an die Stelle der "Riester"-Regelungen setzen, diese neuen Modelle aber weiterhin mit steuerlichen Zuschüssen fördern??? Ich jedenfalls lehne JEDE steuerliche Förderung einer privaten Altersvorsorge ab.
(419 - 421; meine Hervorhebung)
"Pro geborenem Kind mit deutscher Staatsangehörigkeit und Lebensmittelpunkt in Deutschland soll der Staat außerdem eine zusätzliche Einzahlung in Höhe von € 100,- pro Monat bis zum 18. Lebensjahr in die Spardepots der jeweiligen Kinder tätigen."
a) Hier kommt die unsägliche Staatsbürger-Komponente aus dem Thüringer Rentenplan wieder zum Vorschein: Muss ich nicht haben!
b) AUSSERDEM: Welchen Nutzen für die GEMEINSCHAFT soll dieser weitere Zapfhahn am Fiskal-Fass überhaupt bringen? Den Rentnern in der Zeit der demographischen Krise, für welche dieser Leitantrag Rentensenkungen zumindest billigend in Kauf nehmen will, hilft sie nicht. Eine finanzielle Motivation für potentielle Eltern zum Kinderkriegen ist sie auch nicht. Was also soll das Ganze - außer die Partikularinteressen der Finanzbranche zu füttern??? Und das in einer Zeit der demographischen Krise, wo - VORHERSEHBAR! - auch die Steuereinnahmen dramatisch einbrechen werden???
Um diese Programmanalyse abzurunden, fasse ich hier zusammen, welche kostenträchtigen Maßnahmen (für Familien) der Leitantrag zum AfD-Rentenprogramm vorsieht (wofür also vermeintlich "Geld da ist"):
Nur am Rande sein noch vermerkt, dass auch bei den "Leitlinien zur Gesundheitspolitik" nicht der Sparkommissar der Küchenmeister war.
Die Ärzte wird es freuen, wenn "Die Aufhebung dieser Budgetierung und die Einführung einer Einzelleistungsvergütung in der GKV sind deshalb unerlässlich" (471 - 473) gefordert wird; die Patienten - in DIESER Eigenschaft - auch. Als Beitragszahler aber vielleicht weniger.
Aber halt, es ist ja eine Gegenfinanzierung vorgesehen. Mit verschiedenen Sparmaßnahmen sowie mit der Idee "den finanziellen Mehrbedarf durch Übergangsregelungen stufenweise anpassen" (Z. 482). Charmanter kann man Beitragserhöhungen kaum verpacken!
Was sich hinter der Forderung "das DRG-System durch Klinik-Individualvereinbarungen zu ersetzen" (Z. 487/488) finanziell versteckt, weiß ich nicht sicher; aber vermutlich ebenfalls Kostensteigerungen.
"Wir fordern den Erhalt einer flächendeckenden Versorgung auch nach dem objektiven Bedarf und nicht nur nach Kosten-Nutzen-Aspekten." (Z. 495 - 497) klingt auch nicht gerade nach Sparwut. Aber das Volk (in diesem Falle der Steuerzahler) hat's ja (und will, muss man gerechter Weise hinzufügen, ja auch alles vom Staat haben .....)
(499-502)
"Die zunehmende Privatisierung von Akutkrankenhäusern und stationären Pflegeeinrichtungen sehen wir kritisch. Eine leistungsfähige stationärmedizinische Infrastruktur muss primär Aufgabe der öffentlichen Hand bleiben. Ab einem bestimmten Privatisierungsgrad (z.B. ab 40%) in einem Bundesland muss der Gesetzgeber regulierend einschreiten."
Ooops: Eine derartig "etatistische" Programmforderung wäre nicht einmal mir in den Sinn gekommen.
(511/512)
"Die für Apotheken verpflichtende Importquote für Arzneimittel wird umgehend ersatzlos gestrichen."
Auch die Pharma-Industrie hat offenbar ihre Schutzheiligen in unserer Partei platziert .....
(516 - 519)
Abschaffung der Rabattverträge (zwischen Krankenkassen und Arzneimittelherstellern) und deren Ersatz durch andere Maßnahmen. Ich weiß nicht, was soll es bedeuten: Aber misstrauisch bin ich schon, ob nicht auch hier die Pharmahersteller gepampert werden sollen?
Immerhin gibt es auch für den Gesundheitssektor eine pauschale Gegenfinanzierung (Z. 521 - 522): "Zur zusätzlichen Gegenfinanzierung fordern wir die Absenkung der Mehrwertsteuer von 19% auf 7%". Die freilich ist keine Einsparung, sondern geht zu Lasten des Staatshaushaltes. Für die Bürger also quasi "linke Tasche, rechte Tasche".
Aber auch in der Pflegeversicherung kann der Staat, kommende demographische Krise hin oder her, noch lustig Wohltaten verteilen (Z. 529 - 531): "... wollen wir in der Pflegeversicherung einen Steuerzuschuss analog dem der GKV einführen, um eine 50%ige Entlastung der Eigenbeteiligung der betroffenen Angehörigen zu erreichen."
Die finanziellen Auswirkungen von Kurzzeitpflegeplätzen in Krankenhäusern (Z. 566/567) kann ich nicht beurteilen; vermute aber, dass auch dadurch Mehrkosten anfallen.
Nicht schlecht, Herr Specht! Wird aber verdammt teuer für die Steuersklaven!
Schon bei einer Einzelperson würden dann nämlich Renten bis unter 3.200,- € aus der Grundsicherung aufgestockt! Zwar um zunehmend geringere Beträge - aber trotzdem geht das ins Geld!
Mache ICH jetzt einen Denkfehler? Oder ist der Programmentwurf in diesem Punkt tatsächlich derart fehlerhaft?
Jedenfalls schließt MEIN Rentenkonzept mit prozentual höheren Renten im unteren Bereich solche krassen Ungerechtigkeiten bzw. Unfinanzierbarkeiten aus.
(373 ff.)
Hier wird eine Abschaffung der Politikerpensionen und Einbeziehung dieses Personenkreises in die gesetzliche Rentenversicherung gefordert. Diese Forderung wird im Volk gut ankommen; quantitativ bringt sie aber nicht viel. Und ich bezweifele, dass ein Bundesgesetz den Landesparlamenten insoweit Vorschriften machen könnte. Allerdings würde ein sozialer Druck auch auf dieser Ebene entstehen, wenn der Bundestag mit einer entsprechende Regelung vorangehen würde.)
(381 ff.)
Der Leitantrag will die Beamtenpensionen beibehalten. Das wird, speziell in unserer Partei, auf heftige Kritik stoßen; ist aus meiner Sicht aber RICHTIG!
Allerdings würde - was mir ebenfalls sinnvoll erscheint -, der Umfang dieses separaten Systems der Altersversorgung für die fernere Zukunft dadurch eingeschränkt, dass "die Verbeamtung auf rein hoheitliche Aufgaben beschränkt" werden soll.
(392 - 396)
"Um eine mögliche, spätere Abhängigkeit von der Grundsicherung im Alter zu verhindern, soll für Selbständige eine Altersvorsorge eingeführt werden. Selbständige werden insofern grundsätzlich in die Gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen, können aber bei Nachweis einer privaten Altersvorsorge austreten bzw. die Beitragszahlungen suspendieren (opt-out Möglichkeit)."
Die Überlegung in Satz 1 ist absolut vernünftig. Eine Austrittsmöglichkeit allerdings nicht: WENN man den Selbständigen überhaupt ein Wahlrecht geben will, dann bitte nur AM ANFANG. Denn schließlich braucht die GRV Planungssicherheit.
Ich bin allerdings dafür, auch die Selbständigen durchgängig (allenfalls anfänglich mit Ausnahme der Älteren) in die GRV einzubeziehen. Denn letztlich steht hinter der Vorstellung, dass eine "private Altersvorsorge" (also das Kapitaldeckungsverfahren) (mindestens) genauso gut sei wie die GRV, die irrige (i. d. R. unterschwellige) Annahme, dass das KDV von der Arbeitskräfteverknappung unberührt bleiben könne. Das ist freilich, wie ich oben schon sagte, Klippschul-VWL!
(399 - 401)
"Die Familien tragen die Lasten der Kindeserziehung, die späteren Leistungen der Kinder, insbesondere in der Rentenversicherung, kommen aber vor allem den Kinderlosen zu Gute."
Richtig ist, dass die Familien Lasten tragen. Falsch ist, dass diese Aufwendungen "insbesondere" den kinderlosen Rentnern zugute kommen. Die tatsächlichen Zusammenhänge erschließen sich nur bei einer KONSEQUENT ÖKONOMISCHEN Betrachtung: Die Eltern sind dann nämlich "Sparer"; sie "investieren" ihr Geld in "Humankapital". (Schon 2004 hatte ich auf meiner Webseite "Rentenreich" die Eltern als "Humankapitalsparer" identifiziert.) Die Erträge dieses "Humankapitalsparens" erhalten aber nicht die Eltern, sondern
- die "Sachkapitalsparer" ("Kapitalbesitzer"; übrigens einschl. der Rentner, die ihre Altersvorsorge im Wege des KDV organisieren), die den Eltern keine (direkte) Vergütung für ihr "Humankapitalsparen" leisten. (Nur indirekt, soweit ein Staat entsprechende Leistungen für Eltern vorsieht, wie z. B. Kindergeld usw. Das deckt aber nicht entfernt die Kosten und solche Leistungen gibt es nicht überall. In den USA beuten daher die "Realkapitalsparer" die "Humankapitalsparer" noch viel mehr aus, als bei uns.)
- die kinderlosen Altersrentner
- der Staat über entsprechende Steuereinnahmen (und damit sind indirekt auch auf dieser Ebene wieder die Kinderlosen besonders begünstigt).
"Die AfD möchte hier einen Ausgleich herstellen, indem Familien für jedes Kind € 20.000,- Beiträge der Eltern zur Rentenversicherung aus Steuermitteln erstattet bekommen, ohne dass sich die Rentenansprüche dadurch verringern. Wurden noch keine Beiträge in entsprechender Höhe gezahlt, erfolgt eine Anrechnung auf zukünftige Rentenbeiträge. Die Eltern werden dadurch in dem Lebensabschnitt unterstützt, in dem die Kosten für die Kinder anfallen und ggf. ein Elternteil vollständig oder teilweise auf das Erwerbseinkommen verzichtet."
a) Richtig ist es, dass dieser Ausgleich "aus Steuermitteln" finanziert werden soll. Denn, wie ich soeben gezeigt habe, profitieren eben NICHT nur die kinderlosen Rentner von anderer Leute Kinder, sondern auch die Kapitalbesitzer und die kinderlosen Bürger als Empfänger oder Nutznießer staatlicher Leistungen.
b) Ebenfalls gut und richtig ist die Überlegung, die Eltern dann zu unterstützen, wenn die Ausgaben anfallen - und nicht erst (wie nicht wenige Vorschläge das vorsehen) im Rentenalter, wenn sie dieses Geld gar nicht mehr brauchen. Allerdings macht der Plan in Z. 124/125 davon insofern eine - mir unverständliche und unbegründete - Ausnahme, als er Eltern zusätzlich einen früheren Renteneintritt ohne Abschläge ermöglichen will.
c) Unverständlich ist mir auch, wie und wieso diese Zahlung überhaupt irgendwie an die Rentenbeiträge anknüpfen will: Schließlich ist es doch eine Leistung aus Steuermitteln? Wie soll da eine "Anrechnung auf zukünftige Rentenbeiträge" überhaupt funktionieren? Soll das heißen, dass in diesen Fällen die Eltern erst später, ratenweise, durch Wegfall der Beitragspflicht in der entsprechenden Höhe bekommen? Das wäre für mich a) ein denkbar überflüssiges Bürokratiemonster und würde b) ausgerechnet junge Familien benachteiligen, die noch keine Ersparnisse ansammeln konnten, vielleicht sogar noch in der Ausbildung sind. DAS MUSS GEÄNDERT WERDEN!
(415 - 419; meine Hervorhebung)
"... sollte diese Art der Einkommensteuerbefreiung ["Riester-Rente"] bei der kapitalgedeckten Altersvorsorge auslaufen und durch flexiblere sowie unbürokratischere Modelle ersetzt werden. Insbesondere sollten Sparer im Rahmen dieser Modelle frei entscheiden können, wie sie ihr Geld während der Ansparphase anlegen und die Mittel nach Erreichen des Rentenalters nutzen."
Diese Passage ist für mich einigermaßen kryptisch (und vielleicht einem Formelkompromiss zwischen divergierenden Positionen in der Programmkommission zuzuschreiben): Will man die steuerliche Förderung von privatem Sparen (KDV) nun wegfallen lassen - oder (so ist das wohl eher gemeint) lediglich andere private Sparformen an die Stelle der "Riester"-Regelungen setzen, diese neuen Modelle aber weiterhin mit steuerlichen Zuschüssen fördern??? Ich jedenfalls lehne JEDE steuerliche Förderung einer privaten Altersvorsorge ab.
(419 - 421; meine Hervorhebung)
"Pro geborenem Kind mit deutscher Staatsangehörigkeit und Lebensmittelpunkt in Deutschland soll der Staat außerdem eine zusätzliche Einzahlung in Höhe von € 100,- pro Monat bis zum 18. Lebensjahr in die Spardepots der jeweiligen Kinder tätigen."
a) Hier kommt die unsägliche Staatsbürger-Komponente aus dem Thüringer Rentenplan wieder zum Vorschein: Muss ich nicht haben!
b) AUSSERDEM: Welchen Nutzen für die GEMEINSCHAFT soll dieser weitere Zapfhahn am Fiskal-Fass überhaupt bringen? Den Rentnern in der Zeit der demographischen Krise, für welche dieser Leitantrag Rentensenkungen zumindest billigend in Kauf nehmen will, hilft sie nicht. Eine finanzielle Motivation für potentielle Eltern zum Kinderkriegen ist sie auch nicht. Was also soll das Ganze - außer die Partikularinteressen der Finanzbranche zu füttern??? Und das in einer Zeit der demographischen Krise, wo - VORHERSEHBAR! - auch die Steuereinnahmen dramatisch einbrechen werden???
Um diese Programmanalyse abzurunden, fasse ich hier zusammen, welche kostenträchtigen Maßnahmen (für Familien) der Leitantrag zum AfD-Rentenprogramm vorsieht (wofür also vermeintlich "Geld da ist"):
- Familiensplitting (statt dem bisherigen Ehegattensplitting) (Z. 120; diese Zielsetzung ist unter Ziff. 11.3 - S. 74 - bereits im AfD-Grundsatzprogramm enthalten)
- Kinderprämie i. H. v. 20.000,- € (Z. 122/123, konkretisiert in Z. 401 - 405)
- Früherer Renteneinstieg je nach Kinderzahl (Z. 125)
- Betreuungsgeld für die ersten drei Jahre, das sich am bisherigen durchschnittlichen Nettolohn der letzten drei Jahre orientiert, gedeckelt auf die Höhe des allgemeinen durchschnittlichen Nettogehalts. (Z. 131 - 133)
- Erlass von Bafög-Ansprüchen bei Kindergeburt während des Studiums (Z. 139/140)
- Lohnsubventionen an Arbeitgeber für Wiedereinstellung von Eltern nach der Babypause. (Z. 141/142)
- Wohnraumförderung (Z. 142 - 144)
- Einzahlung in Höhe von € 100,- p. M. bis zum 18. Lebensjahr in die Spardepots der Kinder für jedes Kind mit deutscher Staatsangehörigkeit und Lebensmittelpunkt in Deutschland.
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Nur am Rande sein noch vermerkt, dass auch bei den "Leitlinien zur Gesundheitspolitik" nicht der Sparkommissar der Küchenmeister war.
Die Ärzte wird es freuen, wenn "Die Aufhebung dieser Budgetierung und die Einführung einer Einzelleistungsvergütung in der GKV sind deshalb unerlässlich" (471 - 473) gefordert wird; die Patienten - in DIESER Eigenschaft - auch. Als Beitragszahler aber vielleicht weniger.
Aber halt, es ist ja eine Gegenfinanzierung vorgesehen. Mit verschiedenen Sparmaßnahmen sowie mit der Idee "den finanziellen Mehrbedarf durch Übergangsregelungen stufenweise anpassen" (Z. 482). Charmanter kann man Beitragserhöhungen kaum verpacken!
Was sich hinter der Forderung "das DRG-System durch Klinik-Individualvereinbarungen zu ersetzen" (Z. 487/488) finanziell versteckt, weiß ich nicht sicher; aber vermutlich ebenfalls Kostensteigerungen.
"Wir fordern den Erhalt einer flächendeckenden Versorgung auch nach dem objektiven Bedarf und nicht nur nach Kosten-Nutzen-Aspekten." (Z. 495 - 497) klingt auch nicht gerade nach Sparwut. Aber das Volk (in diesem Falle der Steuerzahler) hat's ja (und will, muss man gerechter Weise hinzufügen, ja auch alles vom Staat haben .....)
(499-502)
"Die zunehmende Privatisierung von Akutkrankenhäusern und stationären Pflegeeinrichtungen sehen wir kritisch. Eine leistungsfähige stationärmedizinische Infrastruktur muss primär Aufgabe der öffentlichen Hand bleiben. Ab einem bestimmten Privatisierungsgrad (z.B. ab 40%) in einem Bundesland muss der Gesetzgeber regulierend einschreiten."
Ooops: Eine derartig "etatistische" Programmforderung wäre nicht einmal mir in den Sinn gekommen.
(511/512)
"Die für Apotheken verpflichtende Importquote für Arzneimittel wird umgehend ersatzlos gestrichen."
Auch die Pharma-Industrie hat offenbar ihre Schutzheiligen in unserer Partei platziert .....
(516 - 519)
Abschaffung der Rabattverträge (zwischen Krankenkassen und Arzneimittelherstellern) und deren Ersatz durch andere Maßnahmen. Ich weiß nicht, was soll es bedeuten: Aber misstrauisch bin ich schon, ob nicht auch hier die Pharmahersteller gepampert werden sollen?
Immerhin gibt es auch für den Gesundheitssektor eine pauschale Gegenfinanzierung (Z. 521 - 522): "Zur zusätzlichen Gegenfinanzierung fordern wir die Absenkung der Mehrwertsteuer von 19% auf 7%". Die freilich ist keine Einsparung, sondern geht zu Lasten des Staatshaushaltes. Für die Bürger also quasi "linke Tasche, rechte Tasche".
Aber auch in der Pflegeversicherung kann der Staat, kommende demographische Krise hin oder her, noch lustig Wohltaten verteilen (Z. 529 - 531): "... wollen wir in der Pflegeversicherung einen Steuerzuschuss analog dem der GKV einführen, um eine 50%ige Entlastung der Eigenbeteiligung der betroffenen Angehörigen zu erreichen."
Die finanziellen Auswirkungen von Kurzzeitpflegeplätzen in Krankenhäusern (Z. 566/567) kann ich nicht beurteilen; vermute aber, dass auch dadurch Mehrkosten anfallen.
ceterum censeo
Wer alle Immiggressoren der Welt in sein Land lässt, der
ist nicht "weltoffen":
Der hat den A.... offen!
Textstand vom 18.10.2020
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