Mittwoch, 14. November 2018

Affäre um Schweizer Spende für den AfD-Kreisverband Bodensee: Meine Re-Positionierung zur Verantwortung von Alice Weidel


Ursprünglich hatte ich mich mit aller Entschiedenheit auf die Seite von Alice Weidel geschlagen. Das war die Reaktion darauf, dass Ralf Özkara (geb. Helble), AfD-Landesvorsitzender in Baden-Württemberg, einen Rücktritt von Frau Dr. Weidel für den Fall gefordert hatte, dass sich die Spende als illegal erweisen sollte. 

Mein damaliger Informationsstand war derjenige, der sich aus dem Bericht "Parteienfinanzierung. AfD nahm offenbar illegale Großspende an" der Süddeutschen Zeitung vom 11.11.2018, 17:16 Uhr ergibt. Danach [Hervorhebungen jeweils von mir]
  1. hatte der AfD-Kreisverband Bodensee im Jahr 2017, zwischen Juli und September (also vor der Bundestagswahl, bei der Frau Dr. Weidel für die AfD als Spitzenkandidatin antrat) gut 130 000 Euro von einer Schweizer Firma erhalten, und das "gestückelt in mehrere Tranchen von meist 9000 Schweizer Franken".
  2. war als Verwendungszweck auf dem Überweisungsträger "Wahlkampfspende Alice Weidel" angegeben worden.
  3. hatte Weidel erklärt, "sie habe im September 2017 erstmals von der 'ungebetenen' Spende erfahren und sich später für eine Rückzahlung ausgesprochen. Es habe 'Bedenken ob der Legalität' gegeben."
  4. erfolgte eine Rückzahlung an die überweisende Firma, jedoch erst im April 2018.
  5. hatte "der baden-württembergische Landeschef Ralf Özkara ..... auf Anfrage [der Medien gesagt]: 'Verantwortung für diese Großspende tragen alle, die davon wussten, dass so eine Spende eingegangen ist.' Sollte Weidel davon gewusst haben, trage sie die "Hauptverantwortung'. Sei die Spende illegal, erwarte er, dass Weidel 'von allen Ämtern und Mandaten zurücktritt'.
  6. hatte die Schatzmeisterin im Kreisverband Bodensee den Landesverband (bzw. den Landesschatzmeister: das geht nicht ganz genau aus dem Bericht hervor) "bereits im August 2017 auf eine gestückelte Auslandsspende ..... [hingewiesen] und in den Monaten darauf immer wieder [!!!] ..... [gefragt], wie damit umzugehen sei."
  7. "erhielt [sie] jedoch keine Antwort." Der damalige AfD-Landesschatzmeister Frank Kral will sein Versäumnis jetzt mit der Behauptung rechtfertigen, "er habe angenommen, dass hinter der Schweizer Spenderfirma ein Deutscher stand." Jedoch hatte er darüber offenbar keinerlei Informationen, so dass seine Behauptung für mich UNGLAUBHAFT und NACHGESCHOBEN ist. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass Frank Kral für die Finanzen der AfD-Bundestagsfraktion verantwortlich war. Insoweit mag er überlastet gewesen sein; im Übrigen wurde er kürzlich von dieser Funktion beurlaubt, weil es Unregelmäßigkeiten in den Fraktionsfinanzen gab.       In diesem NZZ-Bericht vom 12.11.2018 heißt es dagegen: "Frank Kral, der AfD-Schatzmeister, hatte bei der Annahme aber offenbar keine Bedenken. Er wies lediglich darauf hin, dass zu berücksichtigen sei, ob es sich um eine private Schenkung an Alice Weidel oder eine Parteispende handle und ob es eine Zweckbindung gebe. Weil sich Kral bis zuletzt um die Sache nicht gekümmert haben soll und sie die Sache nicht in Ruhe liess, wurde die Schatzmeisterin des AfD-Kreisverbands schliesslich selber tätig. Im April 2018 schickte sie das Geld zurück – viel zu spät und ohne den Vorfall beim Bundestagspräsidenten zu melden."        Noch konkreter wird ein Text des ZdF vom 12.11.2018 (Hervorhebung von mir): "Am 10. August 2017 fragte die Schatzmeisterin der AfD vom Kreisverband Bodensee den baden-württembergischen AfD-Landesschatzmeister Frank Kral, wie mit den Spenden aus der Schweiz umgegangen werden soll. In der E-Mail heißt es wörtlich: 'Ein Gönner aus der Schweiz unterstützt Alice wöchentlich mit mehreren tausend CHF. Was ist dabei zu beachten? Muss ich diese Beträge irgendwo melden oder bekannt geben?' Landesschatzmeister Kral antwortete am 13. August: '(…) Wenn die Beträge über das Kreisverbands-Konto laufen, sind es ganz normale Spenden. Diese werden als solche verbucht. Wenn eine Zweckbindung erfolgt, (…) ist es wichtig, dass die Gelder auch für den Wahlkampf von Frau Dr. Weidel eingesetzt werden'." [Ähnlich auch in der Frankfurter Rundschau.]
  8. hat Alice Weidel eingeräumt, auch im Januar 2018 mit der Sache befasst gewesen zu sein: " 'Unsere Kreisschatzmeisterin hatte mich informiert, dass sie keine Antwort auf ihre Fragen zum Umgang mit besagter Spende von Herrn Kral erhielt. Ich wollte endlich eine abschließende Klärung der Frage herbeiführen.' Deshalb habe sie Kral gebeten, die Schatzmeisterin zu kontaktieren."
Weiterhin erläutert dieser Artikel die rechtliche Problematik der Spende [Text graphisch von mir verändert]:
 
"Die Zuwendung aus der Schweiz ist ..... problematisch:
  • Erstens muss eine Partei die Bundestagsverwaltung unverzüglich informieren, wenn sie von einem Spender mehr als 50 000 Euro erhält; die Stückelung der Großspende hatte wohl den Zweck, diese Regel zu umgehen.
  • Zweitens sind Parteispenden aus Ländern außerhalb der EU nur zulässig, wenn sie von deutschen Staatsbürgern stammen."
Auf dieser Informationsbasis sah ich ein Verschulden (zumindest politisch-moralisch; juristisch kann ich das nicht beurteilen) hauptsächlich bei dem Landesschatzmeister.
Bei dieser Beurteilung bleibe ich auch jetzt (bei verändertem Wissensstand: s. u.) noch; allerdings mit verminderter Gewichtung.
 
Nach wie vor stehe ich auf dem Standpunkt, dass die - bedingte - Rücktrittsforderung des Herrn Özkara an Frau Dr. Weidel innerparteilich eine Ungeheuerlichkeit ist.
Und ich hoffe unverändert, dass ihm die Delegierten auf dem AfD-Bundesparteitag in Magdeburg (16.-19.11.) für die Europawahl (26.05.2019) die gebührende Quittung erteilen. (Özkara will sich angeblich zum EP-Kandidaten wählen lassen.)
 
Einen Rücktritt von Alice Weidel lehne ich ab. Sie ist weder Schatzmeisterin (das ist Brigitte Hinger), noch Vorsitzende im Vorstand des AfD-KV Bodenseekreis. Sondern lediglich stellvertretende Vorsitzende. Die KV-Seite lässt nicht erkennen, seit wann diese Konstellation besteht. Jedoch zeigt eine Google-Suche als Datum des Eintrages auf der KV-Seite (oder der Aufnahme in die Google-Datenbank?) den 03.06.2017.
Wir können also festhalten, dass Frau Dr. Weidel in der Zeit der Spendeneingänge nur die STELLVERTRETENDE Kreisvorsitzende war. (Vorsitzender war - und ist noch - Detlev Gallandt.)
Aus ihrer Stellung in der Organisationsstruktur ihres Kreisverbandes heraus lässt sich also keine HERAUSGEHOBENE Verantwortlichkeit für den Umgang mit diesem Spendeneingang ableiten.
 
Wie sich die Sache juristisch verhält, weiß ich nicht.
Politisch-moralisch ist natürlich zunächst einmal die Schatzmeisterin verantwortlich. Die hat versucht, sich beim Landesschatzmeister sachkundig zu machen; der hat nicht reagiert. Natürlich hätte sie versuchen können, selber direkt im Internet zu recherchieren (einschlägig ist der § 25 Parteiengesetz). Aber das ist nicht jedermanns Sache; ich sehe die Schuld bzw. das Versäumnis hier eher beim Landesschatzmeister.
 
Sodann trägt insbesondere der Kreisvorsitzende insoweit eine besondere Verantwortung: Dafür ist der Vorsitzender, um bei solchen Problemfällen ggf. zu helfen.
Darüber hinaus liegt vermutlich die juristische Verantwortung, auf jeden Fall aber die politisch-moralische Verantwortung bei dem Kreisvorstand insgesamt, und (nur) INSOWEIT auch bei Alice Weidel.
 
Allerdings hat die Geschichte noch eine andere Dimension, die einen Tag nach der ersten Meldung bekannt wurde. Vgl. dazu den SZ-Bericht "Parteienfinanzierung. Spende an AfD floss angeblich im Auftrag eines Dritten" vom 12.11.2018, 17:54 Uhr. Daraus geht hervor, dass [meine Hervorhebungen]
  1. die Schweizer Firma PWS Pharmawholesale International AG das Geld (in 18 Einzelüberweisungen) treuhänderisch im Auftrag eines Geschäftsfreundes überwiesen hat.
  2. der Kontostand Ende September 2017 mehr als 110 000 Euro betrug. Das lässt vermuten, dass ca. 20.000,- € für den Wahlkampf ausgegeben wurden. Insoweit ist wahrscheinlich eine Information der FAZ vom 13.11.2018 einschlägig, wonach "Beträge zwischen drei- bis zehntausend Euro im Monat" für den Wahlkampf in sozialen Netzwerken verwendet wurden. 
  3. zwischen dem 05. und dem 25.10.2017 (also nach der Bundestagswahl vom 24.09.2017) aus dem Kreisverbands-Sonderkonto mit dem Geld aus der Schweiz mehrere Anwaltsrechnungen über mehr als 16.000 Euro beglichen wurden (in sieben Einzelüberweisungen).  
  4. die Rechnungen von einer Anwaltskanzlei für Medienrecht gestellt worden waren, und nach Angaben von Frau Weidel aus ihrer Tätigkeit als AfD-Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl herrührten
  5. Unklar ist, ob Weidel wusste, dass der Kreisverband ihre Anwaltskosten von dem Konto mit dem Schweizer Geld bezahlte. (Zumindest muss sie gewusst haben, DASS der KV ihre Anwaltskosten bezahlte.)
Aus den vorstehenden Punkten Ziff. 2 und 3 ergibt sich eine Summe von ca. 36.000,- €, die von der Schweizer Spende ausgegeben worden wäre. Der Restbetrag, also gut 90.000,- €, müsste dann wohl auf dem Konto verblieben sein.
 
Schließlich ist u. a. aus diesem Bericht der FAZ zu entnehmen, dass dem AfD-Landesverband Baden-Württemberg noch kein Rechenschaftsbericht des Kreisverbands Bodensee für das Jahr 2017 vorliegt.
 
Wir haben also, wenn ich das richtig sehe, im Zusammenhang mit der Behandlung der Spende bei der AfD ZWEI Rechtsverstöße:
  • Die Spende hätte gar nicht angenommen werden dürfen, weil sie aus der Schweiz kam. Es würde übrigens nichts nützen, wenn "diese Spenden aus dem Vermögen eines Deutschen im Sinne des Grundgesetzes [kommen], eines Bürgers der Europäischen Union oder eines Wirtschaftsunternehmens, dessen Anteile sich zu mehr als 50 vom Hundert im Eigentum von Deutschen im Sinne des Grundgesetzes oder eines Bürgers der Europäischen Union befinden oder dessen Hauptsitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ist" (§ 25 Abs. 2 Nr. 3a ParteienG). Denn insoweit stellt diese Norm die zusätzliche Bedingung auf, das sie der Partei "UNMITTELBAR ..... zufließen" müssen. Im vorliegenden Falle war jedoch ein Dritter zwischengeschaltet und damit wären sie, selbst wenn sie ursprünglich von einem Deutschen usw. bezahlt worden wären, der Partei nur MITTELBAR zugeflossen.
  • Die Spende hätte sofort dem Bundestag gemeldet werden müssen (Abs. 3 Satz 2 a.a.O.).
Unter der Überschrift "Rechtspopulisten. Staatsanwaltschaft prüft dubiose AfD-Spende aus der Schweiz" meldet SpiegelOnline am 13.11.2018, dass "die Staatsanwaltschaft Konstanz prüft ....., ob Anhaltspunkte für strafbare Handlungen vorliegen. ..... Nach SPIEGEL-Informationen geht es vor allem um die Frage, ob bei der Spende gegen Paragraf 31 d des Parteiengesetzes verstoßen wurde."

Aus dieser Strafvorschrift könnte nach meinem Dafürhalten allenfalls Abs. 1 Ziff. 1 in Betracht kommen (meine Hervorhebung) "Wer ..... unrichtige Angaben über die Einnahmen oder über das Vermögen der Partei in einem beim Präsidenten des Deutschen Bundestages eingereichten Rechenschaftsbericht bewirkt oder einen unrichtigen Rechenschaftsbericht beim Präsidenten des Deutschen Bundestages einreicht".
Nachdem aber der Kreisverband dem Landesverband gar keinen Rechenschaftsbericht vorgelegt hat, kann sich der KV nicht nach dieser Norm strafbar gemacht haben.

Denkbar wäre insoweit allenfalls, dass der LV dem Bundestag einen Rechenschaftsbericht vorgelegt hat, der den Konstanzer Vorgang nicht enthält. Strafbar gemacht haben könnte sich in diesem Falle der Landesschatzmeister Frank Kral, weil er von der Kreisschatzmeisterin ja darüber informiert worden war, dass Gelder aus der Schweiz kamen, und zwar in gestückelten Beträgen von "wöchentlich mehreren tausend Euro" (s. o. ZdF-Meldung).
Er wusste also, dass dem KV Bodensee Geld aus der Schweiz zugeflossen war und musste außerdem davon ausgehen, dass die Gesamtsumme zumindest den Grenzbetrag von 10.000,- € überstieg und somit nach § 25 Abs. 3 Satz 1 Parteiengesetz im Rechenschaftsbericht hätte gemeldet werden müssen.
 
Die Pflicht zur Abgabe von Rechenschaftsberichten sowie deren Inhalt regelt § 24 ParteienG. Um die einzelnen Parteiglieder geht es in Abs. 3 (die vorangestellten Zahlen sind die Satznummern; Hervorhebung von mir):
"1 In den Rechenschaftsbericht der Gesamtpartei sind die Rechenschaftsberichte jeweils getrennt nach Bundesverband und Landesverband sowie die Rechenschaftsberichte der nachgeordneten Gebietsverbände je Landesverband aufzunehmen.    2 Die Landesverbände und die ihnen nachgeordneten Gebietsverbände haben ihren Rechenschaftsberichten eine lückenlose Aufstellung aller Zuwendungen je Zuwender mit Namen und Anschrift beizufügen.   3 Der Bundesverband hat diese Aufstellungen zur Ermittlung der jährlichen Gesamthöhe der Zuwendungen je Zuwender zusammenzufassen.   4 Die Landesverbände haben die Teilberichte der ihnen nachgeordneten Gebietsverbände gesammelt bei ihren Rechenschaftsunterlagen aufzubewahren."
Nach meinem Verständnis bedeutet Satz 4, dass die Rechenschaftsberichte der Kreisverbände NICHT über den Landesverband hinaus weitergeleitet werden. Sie haben also keine eigenständige Berichtspflicht, sondern sind lediglich (aber wohl ohne strafrechtliche Sanktionsdrohung bei Verstoß) verpflichtet, "Teilberichte" an ihren jeweiligen Landesverband zu erstatten. 
 
Somit dürfte die Kreisschatzmeisterin bzw. den Kreisvorstand KEIN strafrechtliches Verschulden treffen - und mithin auch nicht Alice Weidel als Mitglied des Kreisvorstandes.
 
ABER: Eine politisch-moralische Verantwortung ist ihr nicht abzusprechen. Aufgrund ihres hohen Ranges in der Partei hätte sie in den Aufklärungsprozess eingreifen müssen. Es sollte den Verantwortlichen in allen Parteien doch mittlerweile (aufgrund zahlreicher Skandale) bekannt sein, dass die Spendenfrage eine heikle Angelegenheit ist. Zumal die Spende ausdrücklich für ihren Wahlkampf, also im weitesten Sinne "für sie" bestimmt war, hätte sie sich darum kümmern müssen. Beispielsweise hätte sie problemlos den Bundesschatzmeister fragen können.
Für eine Rücktrittsforderung reicht das nicht entfernt aus; auch nicht für eine (hypothetische) Schadenersatzforderung der AfD gegen Alice Weidel. (Wenn eine solche Forderung besteht, dann eher schon gegen den Landesschatzmeister Frank Kral.)
 
Jedoch sollte Frau Dr. Weidel sich zu ihrer POLITISCHEN Mitverantwortung an diesem Vorgang bekennen und sich dafür entschuldigen.
Damit wäre für mich als AfD-Parteimitglied die Sache erledigt.
Wenn sie sich nicht zu dieser Geste durchringen kann, würde ich sie ebenfalls nicht verurteilen. Aber sie sähe dann nicht gut aus, sondern stünde als jemand da, der sich vor der Verantwortung drückt.
Nachtrag:
Zu Reaktionen aus dem Kreisverband vgl. auch "Die AfD sucht die Verantwortlichen für den Spendenskandal", SCHWÄBISCHE Friedrichshafen, 12.11.2018.
Zu innerparteilichen Konstellationen im vorliegenden Zusammenhang vgl. z. B. die Berichte

Nachtrag 15.11.2018

Der STERN bringt jetzt ein Interview mit Frank Kral u. d. T. " 'Bin stinksauer' – der beschuldigte AfD-Schatzmeister Kral wehrt sich".
Manchmal lohnt sich die Mühe, eine genaue Aufzeichnung der bekannten Informationen zu einem Sachverhalt zu machen. Kral behauptet jetzt:

"Ich habe sie zurückgerufen und ihr erklärt, was bei Spendeneingängen aus der Schweiz zu tun ist. Frau [Brigitte] Hinger vermittelte mir, dass das Geld von einem Deutschen komme. Deshalb musste ich auch nicht weiter Alarm schlagen. Spenden von Deutschen sind ja erlaubt, auch wenn der Deutsche im Ausland lebt. Dass das Geld von einer Schweizer AG überwiesen wurde, hat mir Frau Hinger nicht gesagt. Außerdem ging es in unserem ersten Gespräch in dieser Sache um die Abwägung, ob die Zuwendung als private Schenkung oder als Parteispende anzusehen war."

Was immer sonst Fakt ist oder nicht:

  1. Sogar dieser eigenen Darstellung von Kral lässt sich entnehmen, dass er NICHT AUF DIE MELDEPFLICHT VON - AUCH GESTÜCKELTEN - GROSSSPENDEN HINGEWIESEN HAT!!!
  2. Natürlich musste Frau Hinger nicht von sich aus darauf hinweisen, dass das Geld von einer Schweizer AG kam. Denn wenn sie um die rechtliche Erheblichkeit dieser Tatsache gewusst hätte, hätte sie die einschlägige Regelung gekannt und wegen der Behandlung der Spende beim Landesschatzmeister gar nicht erst rückfragen müssen!!! Vielmehr wäre es Sache von Kral gewesen, Frau Hinger auf die einschlägigen Unterscheidungen um Gesetz hinzuweisen und EINDEUTIG zu klären, von wem das Geld ÜBERWIESEN worden war.
  3. Dies gilt umso mehr, als Frau Hinger in ihrer Mail von einem "SCHWEIZER GÖNNER" geschrieben hatte: Da deutet rein gar nichts darauf hin, dass das ein Deutscher gewesen sein könnte!

Überdies lesen wir oben in meinem "Informationsspeicher" im Zusammenhang mit Krals vorliegenden Behauptungen:
"konkreter wird ein Text des ZdF vom 12.11.2018 (Hervorhebung von mir): "Am 10. August 2017 fragte die Schatzmeisterin der AfD vom Kreisverband Bodensee den baden-württembergischen AfD-Landesschatzmeister Frank Kral, wie mit den Spenden aus der Schweiz umgegangen werden soll. In der E-Mail heißt es wörtlich: 'Ein Gönner aus der Schweiz unterstützt Alice wöchentlich mit mehreren tausend CHF. Was ist dabei zu beachten? Muss ich diese Beträge irgendwo melden oder bekannt geben?' Landesschatzmeister Kral antwortete am 13. August: '(…) Wenn die Beträge über das Kreisverbands-Konto laufen, sind es ganz normale Spenden. Diese werden als solche verbucht. Wenn eine Zweckbindung erfolgt, (…) ist es wichtig, dass die Gelder auch für den Wahlkampf von Frau Dr. Weidel eingesetzt werden'."
Das sieht eher NICHT nach einer telefonischen Auskunft aus, sondern nach einer SCHRIFTLICHEN (per E-Mail). DER AfD Kreisverband Bodenseekreis wird diese Frage hoffentlich unverzüglich aufklären!!!

Auf gar keinen Fall nehme ich Kral seine Behauptung ab:
"Frau Hinger vermittelte mir, dass das Geld von einem Deutschen komme".
(Begründung s. o. zu "Schweizer Gönner".)

Glaubhaft jedoch ist seine Darstellung der späteren Vorgänge:
"Ende Oktober mailte Frau Hinger mir nochmal. Wir tauschten uns dann über das Thema Zweckbindung aus, also über die Frage, wofür das Geld, was für den Wahlkampf eingegangen war, ausgegeben werden durfte. Der Bundestagswahlkampf war ja inzwischen vorbei, und Frau Weidel saß im Bundestag. Ich habe Frau Hinger erklärt, dass sie die Spender fragen müsse, ob sie das Geld, das eben eigentlich für den Wahlkampf gedacht war, nun anderweitig für die Partei ausgeben dürfe. Im November schrieb mir Frau Hinger dann, dass sie die Zustimmung der Spender inzwischen vorliegen habe."
Diese Information zeigt, mit welcher außerordentlich Gewissenhaftigkeit sich Frau Hinger bemüht hat, nur ja keinen Fehler zu machen. Und wie der Herr Kral BEI DER UNTERSTÜTZUNG TOTAL VERSAGT HAT!
Und DER ist "stinksauer"??? Das ist ja wohl eine bodenlose Unverschämtheit!

Und ebenfalls:

"Frau Hinger mailte noch einmal, und zwar im Januar 2018. Sie war da gerade mit dem Abschluss ihrer Buchführung befasst. Nun wollte sie wissen, ob Spenden auch dem Bundestagspräsidenten zu melden seien, wenn sie einzeln unter 50.000 Euro liegen, zusammengerechnet aber über der 50.000-Euro-Grenze. Sie wollte außerdem noch wissen, wie mit Spenden aus der Schweiz zu verfahren sei. Das war jetzt, wie Sie sehen, genau das Thema, das Frau Hinger und ich schon besprochen hatten. Großspenden aus der Schweiz sind nicht erlaubt, wenn sie nicht von einem Deutschen kommen. Seitdem hatten Frau Hinger und ich keinen Kontakt mehr."

Hierzu:

  1. zeigt das ganz klar, dass die Schatzmeisterin (bzw. der KV) keine Finsterlinge sind, die aus Bosheit einen Fehler gemacht haben. Sondern dass dort Unsicherheit über die Behandlung bestand.
  2. Die Meldepflicht hätte der Landesschatzmeister der Kreisschatzmeisterin bereits bei dem ersten Telefonat (bzw. ggf. bei seiner Mail-Antwort) erläutern müssen. Denn sie hatte ja ausdrücklich angefragt: "..... unterstützt Alice WÖCHENTLICH mit mehreren tausend CHF. ..... Muss ich diese Beträge irgendwo melden oder bekannt geben?" Insoweit musste er davon ausgehen, dass die Summe allemal 10.000,- € übersteigen würde und vielleicht sogar 50.000. Doch hat er sie schon nach seiner eigenen Darstellung über die Meldepflichten für Großspenden NICHT informiert!
  3. "Das war jetzt, wie Sie sehen, genau das Thema, das Frau Hinger und ich schon besprochen hatten" : Nein, genau dieses Thema hatte er NICHT mit ihr besprochen! Das ergibt sich bereits aus seinen eigenen Angaben, wonach Frau Hinger ihm "vermittelt" habe, dass der Spender ein Deutscher sei. Sie hat also NICHTS DERGLEICHEN GESAGT! Und mit Sicherheit auch nicht angedeutet. Das ist eindeutig eine Schutzbehauptung, die sich der Herr Kral jetzt ex post zusammengepfriemelt hat, um sein Totalversagen zu verschleiern!

In der Summe leistet dieses Interview etwas, was der Interviewte wohl eher nicht im Sinne hatte: EINE ENORME ENTLASTUNG für  Alice Weidel​:

  • Offenbar hat Frau Dr. Weidel sich nicht größer in die Sache eingeschaltet, sondern sich auf die Kreisschatzmeisterin verlassen (und die sich auf den Landeschatzmeister - bei dem sie allerdings "verlassen" war!)
  • Insbesondere hat Frau Weidel keinerlei Druck auf die Kreisschatzmeisterin ausgeübt, das Geld zu behalten oder dessen Herkunft zu verschleiern.
Insoweit muss man zu diesem Interview geradezu sagen: Danke, Herr Kral!


Nachtrag 17.11.2018

Der Landesschatzmeister Frank Kral glaubt, den Angaben aus dem Kreisverband entgegentreten zu müssen. Doch redet er sich dabei nur vollends um Kopf und Kragen.
Hierzu habe ich bislang zwei Medienberichte (beide vom 15.11.2018) gesehen, die unterschiedliche Angaben enthalten (Hervorhebungen jeweils von mir).
 
  • "Unserer Zeitung sagte Kral: „Die Verantwortlichen im Kreisverband Bodensee haben in den vergangenen Tagen immer wieder versucht, die Schuld für die Affäre um die Großspende aus der Schweiz beim AfD-Landesverband abzuladen und speziell bei mir. Das funktioniert jetzt nicht mehr, da der Kreisverband plötzlich erklären muss, dass man noch eine weitere Großspende gefunden hat, dieses Mal aus Belgien."
Richtig müsste es heißen: "dieses Mal aus den Niederlanden". Aber "Belgien" war ursprünglich falsch gemeldet worden und eine Berichtigung zu diesem Zeitpunkt wohl noch nicht erfolgt oder Kral nicht bekannt. In jedem Falle hat jedoch die Schweizer Großspende hat mit derjenigen aus den Niederlanden nichts zu tun; der Fehler des Kreisverbandes bei der Behandlung (auch) dieser Spende entlastet Kral in keinster Weise.
 
  • "Der Schatzmeister der Landes-AfD greift namentlich Brigitte Hinger, Schatzmeisterin des AfD-Kreisverbands Bodensee, und Alice Weidel, stellvertretende AfD-Kreisvorsitzende, an. „Der Kreisverband gibt nur zu, was man ihm nachweisen kann. Mit der neuerlichen Großspende über 150.000 Euro zeigt sich, wo die Probleme wirklich liegen – bei der AfD am Bodensee.“
Kral keilt also aus; aber, wie gesagt: Dieser Fehler des KV entlastet ihn in keinster Weise von seiner falschen Auskunftserteilung zur Schweizer Spende!
 
  • "Parteintern sei bekannt, dass der Kreisverband fest in der Hand von Familie Weidel sei, so Kral. Schatzmeisterin Hinger und Alice Weidel seien enge Vertraute, die sich im Bundestagswahlkampf immer wieder abgestimmt hätten. Weidels Vater sei Mitglied des Kreisvorstands, ein enger Vertrauter der Familie Weidel ebenfalls. „Der Bodensee ist Weidel-Land, das weiß in der AfD jeder“, erklärte Kral."
Und? Was soll uns das zu den Verantwortlichkeiten sagen, oder inwiefern soll das ihn entlasten???
 
  • "Kreisschatzmeisterin Hinger habe ihn seinerzeit telefonisch kontaktiert, so Kral. „Ich habe ausführlich mit ihr über die Problematik von Spenden aus der Schweiz gesprochen und habe sie gefragt, ob ein Deutscher hinter der Spende stehe, denn dann wäre sie nach dem Parteiengesetz in Ordnung. Frau Hinger hat mir nicht widersprochen.“ Damit sei die Sache für ihn erledigt gewesen. Auch bei späteren Kontakten in der Sache habe Hinger ihn nicht darauf hingewiesen, dass das für den Wahlkampf von Alice Weidel bestimmte Geld von der Schweizer Pharmaholding PWS stamme."
Auf jeden Fall gibt er damit indirekt zu, dass er NICHT auf die Meldepflicht für (auch gestückelt eingehende) Großspenden hingewiesen hat!
Und ob ein Deutscher "hinter der Spende steht" ist nicht der Punkt: Sondern ob sie von einem Deutschen kam! Denn nur dann, wenn sie UNMITTELBAR aus dem Vermögen eines Deutschen geflossen wäre, wäre sie legal gewesen (§ 25 Abs. 2 Ziff. 3a ParteienG).
Aber ohnehin hat Kral einer anderen Zeitung eine ganz andere Version aufgetischt.
 
 
  • "Kral ..... reicht es jetzt. Noch am Mittwoch hat er stillgehalten und auf unsere Zeitungsanfrage geantwortet: Er wolle zu „laufenden Untersuchungen keine Stellungnahmen“ abgeben. Nun ändert er den Kurs: „Ich habe beschlossen, meine Zurückhaltung aufzugeben. Der Punkt ist erreicht zu sagen: Freunde, jetzt ist gut!“ Denn Alice Weidels Bodensee-Fraktion lasse bei ihrer Darstellung der Ereignisse „ganz gezielt Dinge weg, um einen falschen Eindruck zu erwecken. Ich soll hier wirklich als Buh-Mann hingestellt werden“. Die Angaben des Weidel/Hinger-Lagers seien an entscheidender Stelle unvollständig: Seines Wissens nach stamme die gestückelte Großspende von einem „deutschen Staatsbürger“."
Diesen Textanfang lasse ich unkommentiert; ich zitiere ihn lediglich zum Verständnis.

  • "Frank Kral behauptet: Wenige Tage nach Hingers schriftlicher Anfrage zu der Spende habe ihm die Bodensee-Schatzmeistern eine weitere Mail geschickt: Sie wolle „keinen Roman schreiben“, er möge sie bitte zurückrufen. Am Telefon habe man den Fall dann erörtert – und in diesem Gespräch „hat sie mir bestätigt, dass hinter der Spende ein Deutscher steht“.
  • Frage: Um wen handelt es sich? Kral: „Wir haben nicht über Namen geredet“.
  • Frage: Hatten Sie den Eindruck, die Bodensee-Kollegin wusste, wer hinter der Spende steht? Kral: „Natürlich. Ich habe gefragt: Steht ein Deutscher dahinter? Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen“. Dass die Pharmawholesale AG nur als „Strohmann“ fungiere, sei klar gewesen."
Damit hat Kral zugegeben, dass er wusste, dass die Spende UNMITTELBAR von der Pharmawholesale AG kam. Und damit (das weiß er offenbar NICHT EINMAL JETZT!) WAR DIE SPENDE ILLEGAL! Denn selbst wenn ein Deutscher der AG das Geld zugesteckt hat (was gut möglich ist), ist sie eben nicht UNMITTELBAR aus dem Vermögen eines Deutschen an die Partei geflossen. Sondern nur mittelbar. Und damit war sie so oder so rechtswidrig.
Vor allem aber steht seine o. a. Aussage "Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen" im Widerspruch zu seinen Angaben oben gegenüber der Stuttgarter Zeitung, "Frau Hinger habe ihm nicht widersprochen". (Ohnehin bleibt offen, was eigentlich Inhalt der Antwort der Kreisschatzmeisterin Brigitte Hinger gewesen sein soll!)
 
  • "Frank Kral weiß, er hat mit seiner Darstellung ein nicht unwesentliches Problem: Er räumt selber ein, dass in der „schriftlichen Kommunikation“ nie von einem Deutschen im Hintergrund die Rede war. Dieses entscheidende Detail sei ihm „nur mündlich“ vermittelt worden."
Das ist zwar AUCH ein Problem - aber das kleinere.
Sein eigentliches Problem ist, dass er mit seinen o. a. Angaben SELBER ZUGEGEBEN HAT, EINE FALSCHE AUSKUNFT ERTEILT ZU HABEN!!!
Auch wenn er das selber noch nicht gemerkt hat.
 
 
Nachtrag 17.06.2021
 
"AfD verliert Parteispendenprozess (Nr. 36/2021)" teilt die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin in einer Pressemitteilung vom 16.06.2021 mit: 
"Die AfD muss wegen der Annahme anonymer Spenden eine Sanktion in Höhe von ca. 396.000 Euro an die Verwaltung des Deutschen Bundestags zahlen. Dies hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden...... Die Kammer hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Berufung zugelassen. Urteil der 2. Kammer vom 16. Juni 2021 (VG 2 K 209/20)."

 
 
ceterum censeo:
Wer alle Immiggressoren der Welt in sein Land lässt, der ist nicht "weltoffen":
Der hat den A.... offen!
Textstand vom 17.06.2021

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