Mittwoch, 30. März 2022

AfD-Vorsitzender Tino Chrupalla: Friedensfreund oder Putins Freund?

 
Sind Soldaten Mörder, Herr Chrupalla?

In der Generaldebatte des Bundestages zum Ukraine-Krieg hat Tino Chrupalla, Partei- und Fraktionsvorsitzender der AfD, Waffenlieferungen an die Ukraine u. a. mit der Begründung abgelehnt, dadurch würde "Blut an den Händen der deutschen Bürger kleben". 
In jedem Falle klebt Blut an Soldatenhänden: Den russischen wie den ukrainischen. Nur dass die einen die Angreifer sind, und die anderen sich verteidigen. Wer beides moralisch nicht unterscheiden mag, kann auch sein eigenes Land nicht verteidigen wollen. Für den folgt, ob er selber das wahrhaben will oder nicht, logisch zwingend: "Soldaten sind Mörder". Eine solche linksradikale Ideologie passt denkbar wenig in eine Partei, die sich als patriotisch präsentiert.
 
Übrigens dürfte Deutschland dann auch keine Waffen an die Kurden liefern, zur Verteidigung gegen die Islamisten! Sollte sich Tino Chrupalla etwa insgeheim intellektuell mit Christine Buchholz liiert haben, der ehemaligen Bundestagsabgeordneten der LINKEN? Jedenfalls verbinden Amerikahass und definitive Defizite beim logischen Denken die beiden.


Wann sind Sie zum Antifanten konvertiert, Herr Chrupalla?

Da überrascht es dann auch nicht mehr, wenn der AfD-Vorsitzende bedenkenlos Moskaus Propaganda gegen Rechts nachplappert. Jedenfalls dann, wenn es gegen die Ukraine geht. So hatte er in seinem Gastkommentar "Ein Europa von Lissabon bis Wladiwostok" in der Jungen Freiheit vom 12.07.2021 behauptet (meine Hervorhebungen): "Gerade in der Ukraine lassen sich junge Leute mit neonazistischen Parolen gegen die Russen aufstacheln. Aus Naivität, falscher Berechnung oder fehlgeleitetem Nationalismus lassen sie sich als Spielball hegemonialer Interessen in einem weltpolitischen Spiel mißbrauchen, das sie nicht verstehen." Sicherlich existiert Neonazismus: In Deutschland relativ wenig, in der Ukraine mehr - aber am meisten in Russland. Politische Bedeutung hat er freilich in keinem dieser drei Länder. Dennoch instrumentalisiert Putin den Vorwurf gegen die Ukraine. Gleichzeitig dient er den deutschen Machteliten für ihren Konkurrenzkampf gegen die AfD. Ein AfD-Vorsitzender, der ukrainische Patrioten mit dem Nazi-Vorwurf überzieht, spielt daher eine seltsame Rolle: Hat er die Hetze der Konkurrenz dermaßen internalisiert, dass er sie nunmehr nach außen projiziert?
Und dass Chrupalla ein tieferes Verständnis der imperialistischen Aktionen Putins einerseits und der (legitimen) Wünsche der Ukrainer andererseits hat, darf man getrost anzweifeln. Ganz zu schweigen davon, dass er sich vom Putin-Regime als Einflussagent gegen ureigene deutsche Interessen missbrauchen lässt. Denn natürlich kann uns NICHT daran gelegen sein, dass Putins Militär näher an unsere Grenzen heranrückt und, ganz allgemein, dass Angriffskriege in Europa wieder als legitime "Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln" erscheinen.

Nachtrag: Mittlerweile habe ich den (im Netz kostenpflichtigen) FAZ-Artikel "Altes Feindbild, neuer Krieg" des Hallenser Privatdozenten Dr. Kai Struve vom 28.03.2023 gelesen. Darin weist Struve überzeugend nach, dass Putins kombinierte Vorwürfe des Faschismus und Nationalismus gegen die Ukraine Propagandastrategien aus Sowjetzeiten übernehmen. Man würde sich sehr wünschen, dass der ach so verständnisvolle Tino Chrupalla sein Wissen über Putins Verhältnis zur Ukraine mit den dort gelieferten Informationen anreichert.


Der Euromaidan war kein US-Putsch

Was Chrupalla konkret mit dem Vorwurf meint, in der Ukraine ließen sich "junge Leute mit neonazistischen Parolen gegen die Russen aufstacheln" aufstacheln, verrät er nicht. Vermutlich geht es um den "Euromaidan". Diese Unruhen waren entstanden, weil der damalige ukrainische Präsident unter russischem Druck ein ausgehandeltes Assoziierungsabkommen mit der EU nicht unterzeichnen wollte. Dagegen, aber auch allgemein gegen innere Missstände wie die Korruption, gab es Massenproteste, die von Ende November 2013 bis Ende Februar 2014 dauerten und mit der Absetzung des damaligen Präsidenten endeten. Die juristisch fragwürdige Absetzung lässt sich in der Sache damit rechtfertigen, dass der Präsident aus dem Lande geflohen war. Dass die USA bei dem ganzen Geschehen ihre Finger im Spiel hatten, ist durchaus möglich. Dass sich freilich Russland nicht auch seinerseits in die inneren Angelegenheiten der Ukraine eingemischt hätten, kann man getrost ausschließen.
 
Absolut sicher ist jedenfalls, dass niemand mit einer Handvoll Dollars und einigen Geheimagenten HUNDERTTAUSENDE Demonstranten auf die Straße bringen kann. Die Ukrainer wussten (und wissen jetzt erst Recht!) in der Mehrheit sehr wohl, dass es sich im Westen besser lebt als in Putins Reich. Genauso, wie das 1989 auch die DDR-Bürger wussten. Oder glaubt Chrupalla, dass auch die DDR-"Wende" von Westagenten organisiert wurde? Oder dass es intelligentes Leben nur in der östlichen Zone Deutschlands gibt? 
Dem JF-Kommentar von Chrupalla vorangegangen waren in derselben Zeitschrift kritische Überlegungen von Joachim Paul, Beisitzer im AfD-Bundesvorstand, zur, sozusagen, "AfD-Ostpolitik". Der hatte zutreffend festgestellt: "Es ist ... vernünftig, davon auszugehen, daß ein großer Teil der Weißrussen – und Ukrainer – auch ohne auswärtige politische Stimulation möchte, daß ihre Länder keine Satellitenstaaten des 'großen Bruders' im Osten mehr sind."
 
Im Übrigen war es zweifellos subjektiv sehr mutig von den DDR-Bürgern, dass sie 1989 auf die Straße gegangen sind. Dass die Sache aber objektiv glücklich ausgegangen ist (und dass es überhaupt erst zu diesen Protesten kommen konnte), das verdanken sie freilich einem 'weltpolitischen hegemonialen Spiel', das manche nicht einmal heute verstehen und wofür sie den USA zum "Dank" in den Hintern treten. Sowie andere, weniger glückliche Völker ungerührt dem Russen-Hegemon ausliefern wollen. 
Es gibt leider wirklich einige SCHÄNDLICHE und WIDERLICHE Großkotze unter den vom Kommunismus Befreiten.
(Ich vermute, dass die DDR-Erziehung zum Hass auf die "kapitalistischen" USA und zur Bewunderung der Sowjetunion bei vielen - auch später geborenen - Menschen im Osten Deutschlands noch nachwirkt. Und dass diese Gehirngewaschenen heutzutage Russland umstandslos mit der einstigen SU gleichsetzen.)

Jedenfalls: Dass ultrarechte Parteien nur einen kleineren Teil der Euromaidan-Bewegung ausmachten, zeigt die ausführliche Analyse "Die ukrainische radikale Rechte, die europäische Integration und die neofaschistische Gefahr. Vergleichende Betrachtungen zum parteipolitischen Ultranationalismus in der Ukraine" auf der Seite der bpb vom 02.06.2014. Chrupalla verbreitet also russische Lügenpropaganda, wenn er behauptet, dass sich "junge Leute mit neonazistischen Parolen gegen die Russen" hätten "aufstacheln" lassen.
 
 
"Fehlgeleiteter Nationalismus" der Ukrainer oder abartiger Putinismus eines Deutschen?
 
Wieso die Verfolgung eigener nationaler Interessen "fehlgeleiteter Nationalismus" sein soll, weiß außer Chrupalla wohl nur der liebe Onkel Putin. Denn ausgerechnet dieser Ultra-Nationalist erhebt, ironischer Weise, denselben Vorwurf an die Ukrainer. Und natürlich dessen Außenminister Lawrow, der Chrupalla vermutlich diesen Floh ins Ohr gesetzt hat. Übrigens waren die Maidan-Demonstranten auch keine "jungen Leute", sondern im Durchschnitt 36 bis 37 Jahre alt. Und, nebenbei bemerkt: Die beiden "Rebellenrepubliken" im Donbas wurden nicht durch massenhafte Mobilisation des Volkes von der Ukraine abgespalten, sondern durch bewaffnete Banden - mit russischer Unterstützung. Von dort (und teilweise auch von der Krim) sind außerdem ca. 1,5 Millionen Menschen als Binnenflüchtlinge in die Ukraine geflohen. Auch das spricht nicht gerade dafür, dass "das Volk" die Sezession der Ostukraine betrieben hätte. Man kann mit Sicherheit ausschließen, dass der ach so "selbstbewusste" (vgl. nachfolgend) Maulheld Chrupalla diese Flüchtlingsschicksale in seinen Audienzen beim russischen Außenminister und beim Verteidigungsminister angesprochen hat.
 
 
"Selbstbewusstsein" und "Verantwortung" gepredigt - aber was davon gegen Moskau gezeigt?
 
Weiterhin muss die Frage erlaubt sein, ob Chrupalla eigentlich zum Hörer gegriffen und bei seinem russischen Gesprächspartner, dem Außenminister Sergei Wiktorowitsch Lawrow, das eingefordert hat, was er in seinem JF-Artikel so vollmundig propagiert hatte: "Zwischen Europäern im Westen und Europäern im Osten darf es nie wieder Krieg geben – weder kalten noch heißen"? Schließlich wollte Riesen-Staatsmann Chrupallamann doch einen "Dialog" mit dem Putin-Regime pflegen und, wie es im JF-Text heißt, "in Europa Verantwortung übernehmen" sowie "Selbstbewußtsein auf internationaler Bühne ... zeigen"?


Errare humanum est ...

Dass Chrupalla damals von den "EU-Eliten" behauptet hatte, sie würden "in den alten Denkschablonen des Kalten Krieges" verharren, mag man noch damit rechtfertigen, dass ihm Putins großrussischer Imperialismus nicht bewusst war. Andere haben den früher erkannt, aber okay: Irren ist menschlich. Jedenfalls erschien Putins Aufsatz "Über die historische Einheit von Russen und Ukrainern", den man eindeutig nur als Ausdruck seines Strebens nach Wiederherstellung russischer Größe durch Rückholung der Ukraine "heim ins Reich" verstehen kann, justament (erst) an jenem 12.07.2021 auf der Kreml-Webseite, als Chrupallas JF-Kommentar veröffentlicht wurde.

Man konnte sich vielleicht auch damals noch gegen die Wirtschaftssanktionen aussprechen, welche der Westen gegen Russland verhängt hatte. Das war freilich wegen der rechtswidrigen Einverleibung der Krim durch Russland geschehen - und nicht aus "aus immer neu erdachten Anlässen" uns von den Amerikanern aufgezwungen worden. 
Ob "Zivilisationsbruch" eine angemessene Charakterisierung des Kommunismus in Russland ist, darf man bezweifeln. Doch ist allemal die Behauptung, "die Russen [haben] die Irrwege der Vergangenheit hinter sich gelassen", pure putinistische Schönfärberei. Denn mehr als selbst in den letzten Sowjet-Jahrzehnten, wo es immerhin das Zentralkomitee der KPdSU als höchste Entscheidungsinstanz gab, beherrscht heute eine einzelne Person - der Autokrat Putin - das neozaristische Russland.


Putin ist KEIN Erlöser, und gegen die USA können wir machtpolitisch sowieso nicht anstinken!

Chrupalla sieht Putin offenbar als Bollwerk gegen die 'woken' Ideologien aus den USA. Für ihn ist es eine Horrorvorstellung, dass "wir uns den Vereinigten Staaten unterwerfen". Indes wäre es eine intellektuelle, moralische und politische Bankrotterklärung der AfD und ein Verrat an unserem Land, wenn sie den in der Tat destruktiven "westlichen Ideologien" der "US-amerikanischen Neuen Linken" nichts Besseres entgegenzusetzen hätte, als die messianische Heilserwartung in einen aggressiven und despotischen Kleptokraten, der am Ende auch uns bedrohen würde, wären wir nicht gerade durch unser Bündnis mit den USA geschützt. Ohne dieses Land moralisch verklären zu wollen: Viele wandern (weltweit) dorthin aus; so gut wie niemand nach Russland.
(Wenn freilich der Herr Chrupalla lieber in Russland lebt, wird ihn Putin kaum hindern, dort politisches Asyl zu suchen.) 
Nachtrag 08.04.2022: Man muss kein Fan des SPIEGEL im Allgemeinen und schon gar nicht des Herrn Christian Stöcker im Besonderen sein, um einiges an seinen Ausführungen vom 27.02.2022 "Ukraine-Invasion: Putins globale Rechte demaskiert sich selbst" überzeugend zu finden:
"Die zahlreichsten und gefährlichsten Putin-Fans [außer den Linken und einigen Opportunisten] aber gehören eben jener rechten Internationalen an. So wie Donald Trumps ehemaliger Wahlkampfberater Stephen Bannon und der frühere Blackwater-Söldnerchef Eric Prince, die sich kürzlich öffentlich und sehr wohlwollend darüber unterhielten, dass Putin »nicht woke« sei, sondern »Anti-woke«. Prince ergänzte: »Die Russen wissen noch, auf welche Toilette sie gehen sollen.« Ausbuchstabiert: Der Mann, dessen Militär gerade in der Ukraine Menschen tötet, ist ein cooler Bursche, weil er schwule, lesbische und Transmenschen genauso hasst wie wir. Putin ist einer von uns. ..... Bei Fox News trug der Fernsehpropagandist Tucker Carlson einen bizarren Monolog vor, dessen zentrale Behauptung war, eine große Menge Amerikaner befolgten brav eine »Direktive«, derzufolge sie »verpflichtet« seien, »Wladimir Putin zu hassen«. Amerikaner sollten sich fragen, »warum hasse ich Putin so sehr? Hat Putin mich jemals ›Rassist‹ genannt?« Es folgte eine ganze Batterie ähnlich gelagerter rhetorischer Fragen über Putin, in der alle Trumpisten-Talking-Points gegen die vermeintliche Unterdrückung von links auftauchten, einschließlich dieser: »Hat er eine weltweite Pandemie hergestellt, die mein Geschäft ruiniert und mich zwei Jahre lang gezwungen hat, mich drinnen aufzuhalten?« ..... Die Begeisterung für Putin von rechts beschränkt sich aber nicht auf den amerikanischen Kontinent. An dem Tag, an dem Russland in der Ukraine einmarschierte, erschien in der Schweizer »Weltwoche« ein Text von Roger Köppel, Chefredakteur und gleichzeitig Mitglied des Schweizer Nationalrats. Auch für Köppel ist Putin ein leuchtendes Vorbild, und zwar deshalb, weil er »eine wandelnde Kriegserklärung an den Zeitgeist«, sei, »an die ›Woke-‹ und ›Cancel-Culture‹, der unsere Intellektuellen und viele unserer Politiker so inbrünstig huldigen.« Putin, findet Köppel, »entlarvt den hohlen Moralismus seiner Gegner«. ..... Seit vielen Jahren arbeiteten Russlands Rechtsextremismus-Propagandisten an einer Allianz namens »World National-Conservative Movement« (WNCM), also »Weltweite Nationalkonservative Bewegung«. Der Vereinigung gehörte auch die deutsche NPD an. Beste Beziehungen pflegte Putins Russland aber auch zu den auf den ersten Blick weniger extremen rechten Parteien in Strömungen in Europa. Bekanntlich gibt es in der AfD, die sich im Moment bemerkenswert still verhält und den Angriff auf die Ukraine sogar verurteilte, jede Menge Putin-Fans und freundschaftliche Beziehungen zu Russlands Info-Kriegern. ..... Die russischen Bemühungen um die globale Rechte, von gemäßigt bis extrem, erstrecken sich auf eine Vielzahl von Ländern innerhalb und außerhalb Europas. Umso grotesker wirkt Putins Behauptung, man müsse ausgerechnet die Ukraine »entnazifizieren«. ..... In Deutschland scheint dieser Prozess [Putins Propagandaerfolg bei den Rechten] noch weniger weit fortgeschritten zu sein als anderswo."


... sed in errare perseverare diabolicum

Nachdem Putins Russland nunmehr die Ukraine überfallen hat, kann es für eine patriotische Partei keine Kuschelei mit dem Aggressor und keinen Verrat an den heldenhaft für ihr Vaterland kämpfenden Ukrainern geben. Dass Chrupalla der Bundesregierung "Doppelmoral" vorwirft, weil sie Gaslieferungen aus Katar beziehen will und es dort Menschenrechtsverletzungen gibt, ist einfach nur eine peinliche Putin-Protektion. Menschenrechtsverletzungen sind schlimm, aber leider keine Seltenheit. Ein brutaler Überfall auf ein friedliches Nachbarland ist dagegen ein völlig anderes Kaliber. Und die Aufforderung, statt Waffen Diplomaten zu schicken, ist einfach nur zynisch. Zwischen welchen Parteien sollen die vermitteln, wenn Putin die Ukraine erst einmal unterjocht hat?

Eine Zeitlang konnte man sich über den aggressiven Charakter des Putin-Regimes täuschen. Nach Putins verbrecherischem Überfall aber als deutscher Patriot die ukrainischen Patrioten im Stich zu lassen, ist einfach nur diabolisch!
 
 
 
Aktuelle MEDIENBERICHTE über Russland-Kontakte von AfDlern, innerparteiliche Auseinandersetzungen zur Ukraine-Politik usw. 
  1.  Bereits am 07.03.2022 hatte die WELT unter "Wer Russlands Überfall nicht verurteilt, schadet der AfD" über die Konflikte in der AfD zum Ukrainekrieg berichtet.

  2. Russland und die AfD. Einflussreich gegen Europa, TAGESSCHAU 24.03.2022

  3.  Sehr ausführlich: "Die AfD und der Krieg in der Ukraine. Wie hältst du's mit Russland?" (taz vom 29.03.2022) Die Süddeutsche Zeitung berichtet (ebenfalls recht ausführlich) am 29.03.2022: "AfD: 'Wir haben genug eigene Putins' " (Dieses Zitat bezieht sich nicht auf die AfD, sondern auf innerparteiliche Quertreiber im Landesverband Saarland.) "AfD streitet über Rußland-Kurs. Krieg und Unfrieden", Junge Freiheit 31.03.2022 

  4.  In der "Junge Freiheit" fordert kraine-Krieg und Rechte. Ins Stammbuch geschrieben" Teile der deutschen Rechten haben die verhängnisvolle Neigung, sich politisch selbst in die Ecke zu stellen und damit auf vielversprechende Wirkungsperspektiven zu verzichten. Die Bewertung des Angriffskrieges von Putins Rußland gegen die Ukraine ist ein anschauliches Beispiel für diese durch massive Ausgrenzungen und Diffamierungen, aber auch durch selbstgewählte Fundamentalopposition samt Wagenburgmentalität zu erklärende Randständigkeit. ..... Überhaupt fällt auf, daß sich in der gegenwärtigen Debatte Positionen der radikalen vorgeblichen Rechten in auffallender Weise mit solchen der extremen Linken decken. Dies gilt für das an Denkmustern à la Tauroggen oder Rapallo beziehungsweise den Vorstellungen der KPD und der „roten Preußen“ in der SED-Führung orientierte nostalgische Rußlandbild ebenso wie für die Tendenz zur Verharmlosung autoritärer Praktiken. Da werden dann deutsche und allgemein westliche Aufrüstungsanstrengungen mit einem utopischen Pazifismus und Neutralismus beantwortet, die ukrainische Regierung und Armee als faschistoid diffamiert und völlig einseitige historisch-ethnische Rechtfertigungsversuche Moskaus für die Besitzansprüche auf Krim und Donbass, mitunter sogar auf die ganze Ukraine kritiklos übernommen. ..... Aus der Sicht einer an spezifisch deutschen Interessen orientierten Außenpolitik muß betont werden, daß im Sinne des sprichwörtlichen Bismarckschen Spiels mit den fünf Kugeln die russische Kugel mittlerweile deutlich unbedeutender ist als die US-amerikanische und die EU-Kugel, sicherlich auch unwichtiger als die chinesische".

  5. "Kriegspropaganda in der AfD. 'Putins Papageien' bekommen Gegenwind" meldet t-online am 05.04.2022: "Die Putin-Freunde in der AfD folgen häufig demselben Argumentationsmuster: Sie verdammen – meist nur in einem Satz – den Angriffskrieg Russlands, um danach viel Verständnis zu zeigen für russische Positionen. Dem Westen und speziell der Nato werfen sie Versäumnisse vor und entschuldigen Putins Vorgehen so indirekt. Dieses Vorgehen habe vor allem zwei Gründe, so Hillje. Auf der einen Seite habe die AfD viele Wähler in der russlanddeutschen Community, die man sich so gewogen halten wolle. Auf der anderen Seite gebe es ideologische Motive: "Die Haltung gegen die Nato, für Putins Autoritarismus, seine Verachtung den freien Medien gegenüber, sein Auftreten als starke Führerfigur – das entspricht dem rechtsautoritären Weltbild und der Elitenkritik, die zur Identität der AfD gehören. Experte Johannes Hillje sieht einen Kniff in dieser Argumentation, er nennt ihn 'Rhetorik der Beidseitigkeit'. Weil die Mehrheit in Deutschland Putins Krieg derzeit deutlich ablehnt, versuche man es mit einem 'Sowohl-als-auch', das schwer angreifbar ist: 'Man verdammt den Angriffskrieg, dann aber folgt häufig auch Verständnis für Russland'."

  6. Meldungen vom 07.04.2022: "Verwerfungen wegen Russland – bei der AfD sind jetzt Redeverbote im Spiel" schreibt die WELT. (Mit "der AfD" ist in diesem Falle die AfD-Bundestagsfraktion gemeint.)    Die FAZ titelt: "Ukrainekrieg: Die AfD streitet über ihren Russland-Kurs".     In der SÜDDEUTSCHEN heißt es: "Bundestag: AfD will eigene Abgeordnete mit Sanktionsliste bändigen" (wobei "AfD"auch hier die Bundestagsfraktion meint).    Und auch wenn ich weiß Gott kein Fan der politisch linken Ausrichtung der taz bin, muss ich deren Bericht "Streit um Russlandpolitik: AfD will ihre Reden kontrollieren" doch bescheinigen, dass er tiefer recherchiert ist als die vorgenannten drei Artikel und einige dort nicht genannte Sachverhalte aufgreift.    

  7. Dieser Bericht führt mich zum Interview "Wie halten Sie's mit Putin?" des Deutschlandsfunks vom 06.04.2022 mit Tino Chrupalla, das ich hier nicht weiter kommentieren will. Wen es interessiert, der mag es sich anhören.   


Nachtrag 01.04.2022 (trotz des Datum kein Aprilscherz😎)

Bei dem oben unter Ziff. 4 aufgeführten JF-Artikel verweist ein Kommentator J.G.S. auf die Ukraine-Erklärung der Partei III. Weg:
"
Bei Beginn der Invasion hat die Partei 'III. Weg eine Erklärung veröffentlicht. Darin erklärte sie mit ruhigen und klaren Worten, warum sie die Ukraine unterstützt.
Es wurden die Probleme innerhalb Russlands angesprochen, das Verhalten des Westens kritisch betrachtet, die Umstände erläutert und dann die Entscheidung verkündet. Mit anderen Worten: Bekennende Neonazis sind eloquenter, intellektuell reifer, besser informiert und vom Verhalten her anständiger als die ehemalige 'Professorenpartei' AfD.
"
Die "Nationalrevolutionäre Erklärung zum Ukraine-Krieg" datiert bereits vom 25.02.2022. Neben dem von einer solchen Partei zu erwartenden Müll (bereits in der Überschrift!) enthält sie allerdings in der Tat Positionierungen, welche die Putinisten in der AfD beschämen müssten. Nachfolgend die insoweit aus meiner Sicht einschlägigen Passagen; den "Müll" lasse ich soweit wie möglich weg, weil es mir hier nicht um eine Auseinandersetzung mit dieser Partei geht:
"Gestern früh wurde die Welt mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine überrascht, bis zu diesem Moment gehen die Kämpfe unvermindert weiter und Medien und Politiker überschlagen sich mit Stellungnahmen und Parteiergreifungen. Dabei kommt es gerade aus dem 'patriotischen' beziehungsweise 'nationalen' Lager zu zahlreichen fragwürdigen Positionierungen. ..... Nun ist es Zeit, diesen Konflikt einzuordnen, denn dass es einer Einordnung bedarf, zeigen zahlreiche fragwürdige Kommentare der deutschen „Rechten“...... Es gibt in diesem Konflikt kein Schwarz und Weiß und keine Seite trägt die alleinige Schuld. Die imperialistischen USA trifft genauso die Verantwortung dafür, dass sie die Ukraine als Spielball ihrer geopolitischen Planungen genutzt haben, wie Russland für deren – wenn auch durch die NATO und die USA mit provozierten – Einmarsch. Der Konflikt ist aber nicht nur einer der beiden Großmächte und das ukrainische Volk nicht nur ein Objekt ihrer Interessen, sondern auch ein selbstständiger Akteur, der für seine Unabhängigkeit und Souveränität kämpft. Dass sich große Teile der dortigen Politik zur Bewahrung dessen am Westen orientiert haben, ist aus ihrer Position verständlich ..... . Durch den gestrigen Einmarsch kämpfen ..... zahlreiche Ukrainer auf sich allein gestellt für die Bewahrung ihrer Identität und Unabhängigkeit, die ihnen von Putin in seiner jüngsten Rede erneut abgesprochen wurden. Wir sehen junge und alte Männer an die Waffen eilen und Zivilisten Molotov-Cocktails vorbereiten für den Kampf gegen eine erdrückende militärische Übermacht. Unabhängig von aller Tragik für die Ukraine als Nation und die menschlichen Tragödien, die jeder bewaffnete Konflikt mit sich bringt, sehen wir in solchen Bildern dennoch, dass Europa seelisch noch nicht völlig gestorben ist und dass noch immer Menschen für ihre Ideale kämpfen. ..... Zu diesen Idealisten gehören nicht nur ukrainische, sondern auch russische Nationalisten auf ukrainischer Seite. Dutzende Russen, die vor der brutalen Repression Putins fliehen mussten, kämpfen seit vielen Jahren und so auch heute auf der Seite ihrer ukrainischen Brüder. Sie zeigen, dass es nicht antirussischer Chauvinismus, sondern Freiheitswillen und die Ablehnung des Systems Putin sind, welche die Menschen zum Kampf motivieren. Sie kennen die Wahrheit über die Lage Russlands am besten, eine Wahrheit, die viele europäische „Rechte“ nicht sehen und hören wollen. Russland sehen, wie es ist, heißt, ein brutalkapitalistisches System zu sehen, dessen Oligarchen sich maßlos bereichern, während große Teile des Volkes in Armut leben. Unsere Antwort auf die Frage Washington oder Moskau, West oder Ost, kann nur lauten: Europa! ..... Genau jene Antwort haben viele deutsche „Nationale“ aber nicht gegeben. Ob für Geld, vermeintlichen Einfluss, den Wunsch, auf der Ebene der großen Politik mitreden zu wollen, oder aus welchem Grund auch immer kann uns gleich sein. ...... Bei aller berechtigten Kritik am Westen und seiner Expansion, gegen die wir uns so deutlich wie kaum ein anderer politischer Akteur stellen, darf nicht vergessen werden, dass wir nicht nur einen geopolitischen Konflikt haben, sondern in diesen Momenten eine europäische Nation gegen einen imperialen Vielvölkerstaat um ihre Unabhängigkeit und völkisch-kulturelle Identität kämpft. Wer den europäischen Gedanken ernst nimmt, kann sich gar nicht anders, als in freilich auch kritischer Solidarität zu denen stellen, die jetzt in den Schützengräben liegen. Doch stattdessen sehen wir unzählige Ergebenheitsadressen an den Kreml, NATO-hörige Kalte-Kriegs-Rhetorik, Geschimpfe über mögliche gestiegene Kosten durch den Krieg und unqualifizierte Kommentare, gerade aus dem „patriotischen“ oder „nationalen“ Lager. ..... Unsere Position ist die der Freiheit der europäischen Völker von allen raumfremden Imperien, die Verteidigung der eigenen Identität und die Vision eines geeinten Europas. Die amerikanische Dominanz Europas gegen die russische auszutauschen kann keine nationalrevolutionäre Position sein. ..... Schlussendlich fallen nicht unerhebliche Teile der 'nationalen Bewegung' damit auch unseren Kameraden und Freunden nicht nur in der Ukraine und auch nicht nur in Russland, sondern in ganz Osteuropa in den Rücken. Während die Weißrussen noch immer von einem russischen Marionettendiktator beherrscht werden und die Ukrainer um ihre Freiheit kämpfen, werden Balten, Polen und viele andere Europäer weitere russische Expansionen befürchten. Ob diese Sorgen berechtigt sind oder nicht, kann uns [erg. "nicht" - ?] gleichgültig sein. Zumindest in Tagen wie diesen sollten sich geopolitische Tastenritter in Demut üben, wenn zahlreiche Menschen in der Ukraine beweisen, dass sie für Worte wie 'Heimat', 'Freiheit', 'Nation' und 'Identität' auch im Jahr 2022 noch bereit sind, ihr Blut zu vergießen. ..... Unsere Solidarität gilt nicht der Kiewer Regierung, die wir genauso ablehnen wie die in Berlin, Paris oder Moskau. Erst recht gilt sie nicht einem raumfremden Imperium, ob USA oder Russland. Unsere Solidarität gilt allen Europäern, die für unsere gemeinsame Vision kämpfen."
 
Zu Björn Höcke, der die osteuropäischen Staaten zu "Zwischenländern" zwischen West und Ost degradieren will, vgl. meinen Blogpost "Björn Höcke ist kein Patriot: Der kniet vor dem Putin-Despoten im Kot!".
 
 
 
Nachtrag 08.04.2022

In seiner Bundestagsrede vom 27.02.2022 hatte Tino Chrupalla u. a. kritisiert (meine Hervorhebung): 
"Ein neues Wettrüsten lehnen wir ab. Und deswegen, diese 100 Milliarden [Sondervermögen für eine rasche Aufrüstung] Herr Scholz: Das ist wirklich irre!"
Es ist also eine schamlose Lüge, wenn er hinterher behauptet,
"dass sich die Worte 'wirklich irre' lediglich auf das Konstrukt des Sondervermögens bezogen hätten. So gehe es um eine enorme Neuverschuldung."
Und er widerspricht sich dann auch gleich selber, indem er anfügt:
"Die 100 Milliarden aber ausgerechnet im Zusammenhang des Ukraine-Kriegs anzukündigen, finde ich wirklich unangemessen.“ -  Also findet er das doch "irre"!
Ob er sich das Lügen beim lieben Onkel Putin abgeschaut hat?


Nachträge 30.04.2022

Von dem WELT-Interview "Wie soll sich die Ukraine verteidigen, Herr Chrupalla? 'Nicht meine Aufgabe' " mit Tino Chrupalla vom 30.04.2020 kann man nur den Anfang (gratis) lesen: 
"WELT: Herr Chrupalla, wie soll sich die Ukraine ohne Waffen gegen die russischen Aggressoren verteidigen? 
Tino Chrupalla: Das ist die Aufgabe der Ukraine, nicht meine. Als Bundesrepublik Deutschland haben wir keinerlei Bündnis-Verpflichtungen. Ich vertrete deutsche Interessen."
Chrupallas abgebrühte Kaltschnäuzigkeit, das Fehlen jeglicher Sympathie für das Opfer der russischen Aggression, entsetzen mich: Wer so argumentiert, dem traue ich auch zu, dass er sein eigenes Land verrät - wenn es seinen persönlichen Interessen entspricht.
Vor allen Dingen aber ist seine Behauptung, mit der Verweigerung von militärischen Hilfeleistungen an die Ukraine deutsche Interessen zu vertreten, schlicht falsch. In Wahrheit vertritt dieser Mann - und vertreten alle AfD-MdBs, die seine Ausrichtung teilen - die Machtinteressen von Putin und von Russland. (Und das tut nach meiner Einschätzung zumindest der Herr Chrupalla sogar wissentlich und willentlich.) Das WAHRE deutsche Interesse, dem NICHT an einer Auferstehung des russischen Imperialismus gelegen sein kann, VERRATEN diese Bonsai-Politiker! Und die ukrainischen Patrioten verraten diese ..... (Ausdruck zwecks Vermeidung einer Beleidigungsklage wegzensiert😈) sowieso.
Ich muss mich wirklich extrem beherrschen, um nicht schon jetzt aus der AfD auszutreten. Aber als StuBaZ, der ich nun einmal bin (Sturster Bock aller Zeiten😊) bleibe ich zumindest bis zur Neuwahl des AfD-Bundesvorstands noch dabei. Danach werde ich sehen, ob die Partei weiterhin rüstig auf den Abgrund zuschreitet. Und in diesem Falle austreten.
Nachtrag 23.02.2023: Nach dem Riesaer Bundesparteitag bin ich nun doch schon per 31.07.2022 aus der AfD ausgetreten.
 
Vgl. dazu auch die AfD-Pressemitteilung "Tino Chrupalla: Wir sind die Partei für Frieden in Europa" vom 28.04.2022:
"Die Abgeordneten der Ampel-Parteien haben heute gemeinsam mit den Abgeordneten der Union im Deutschen Bundestag die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine beschlossen.
Dazu erklärt Tino Chrupalla, der Bundessprecher der Alternative für Deutschland: 'Die Bundesregierung hat mit dem heutigen Antrag die Beitrittserklärung zum Ukraine-Krieg unterzeichnet. Richtig wäre gewesen, als neutraler Vermittler Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien herbeizuführen. Die Alternative für Deutschland tritt als einzige Partei für den Frieden in Europa ein. Wir fordern, dass die Bundesregierung den Notleidenden in der Ukraine humanitäre Hilfe zukommen lässt. Aber Waffenlieferungen beenden den Krieg nicht, sondern vergrößern das Leid und ziehen Deutschland in den Krieg hinein. Die Interessen unseres Landes gehen vor. Der Ukraine-Krieg ist nicht unser Krieg. Und die Alternative für Deutschland kämpft dagegen, dass Deutschland zur Kriegspartei in einem Krieg wird, der zu einem atomaren Weltkrieg eskalieren könnte. Die anderen Parteien setzen die Sicherheit der Deutschen aufs Spiel und nennen das auch noch 'wertegeleitete Außenpolitik'. Wir sind die Partei des Friedens und fordern eine interessengeleitete Außenpolitik. Um zu einer dauerhaften Friedensordnung für den Kontinent Europa zu kommen, müssen die Waffen schweigen und die Diplomaten sprechen'!"
Chrupallas Äußerungen sind Ausdruck erbärmlichster Feigheit, abgründigster Verlogenheit (als ob Deutschland durch Diplomaten einen Frieden herbeiführen könnte!) - und außenpolitisch extremer Servilität gegen einen korrupten und verbrecherischen Aggressor. Sowie dümmstmögliche Verkennung der WAHREN deutschen Interessen: Die ganz gewiss NICHT in einem Erfolg von Putins Totschlägerpolitik liegen!



Der Verfasser ist Autor des Buches
Nachtrag 23.02.2023: Auch wenn ich seit dem 01.08.2022 kein Parteimitglied mehr bin, habe ich von den Ausführungen in meinem Buch nichts zurück zu nehmen.
Textstand 23.02.2023

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