Vorbemerkung:
Mein Blogpost “Von
Prätendenten und Inkumbenten, Germemmen und Steakholdern, Fächer-Rente und
Rückkopplungsschleifen. Und von der Opa-Challenge” ist saulang: In
meiner Formatierung als Word-Dokument über 60 S. Er behandelt eine breite Themenpalette,
bildet jedoch aus gutem Grund eine Einheit. (Wer ihn gelesen hat weiß, warum.
Wer das noch nicht getan hat, sollte es nachholen. 😎)
Trotzdem lassen sich viele
Themenkomplexe auch einzeln erörtern. Daher habe ich ihn jetzt „zerhackt“ und
stelle (nicht unbedingt in derselben Reihenfolge wie im Gesamttext)
verschiedene Teile jetzt separat online. In einigen Fällen habe ich den Text
gegenüber dem Gesamtdokument leicht verändert.
Auch unsere AfD hat ihre
"incumbents" (welchen
Begriff ich hier mit "Inkumbenten" beherzt germanisiere), d. h.
"Amtsinhaber" von Posten und Mandanten einerseits. Und andererseits hat
sie ihre Prätendenten, welche Ämter (oder gelegentlich auch Einfluss jenseits
ihrer Ämter) anstreben.
Da ist z. B. jener strahlende
Heros, der kürzlich unserem AfD-Bundesvorstand wegen dessen Bemühen, eine Rechtsaußen-Fürstin
aus der Partei auszuschließen, unter Beschuss genommen hat. Und seinen
Anhängern "garantieren" zu
müssen, dürfen und können glaubte, dass der BuVo "in dieser
Zusammensetzung nicht wiedergewählt" werde (Zitat z. B. hier). Wie
ich an anderer Stelle näher ausgeführt habe, ging es konkret um das vom BuVo betriebene
Parteiausschlussverfahren (PAV) gegen Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein (zu
dieser vgl. meinen Blott vom 01.12.2018), derzeit wieder AfD-Landesvorsitzende in
Schleswig-Holstein. (Die Intervention des Prätendenten ist insoweit
verständlich, als er der "Rädelsführer" hinter ihrer
Überraschungskandidatur für den AfD-Bundesvorsitz war.
Zwar hatte auch der
Prätendent mal geäußert:
"Selbstverständlich muss sich eine demokratische und grundgesetztreue
Partei wie die AfD konsequent von tatsächlichen Extremisten, Verrückten und
Provokateuren trennen. Aber das hat nicht nach innerparteilichem Machtkalkül zu
erfolgen." In diesem Falle hat er es freilich, nach klassischem
innerparteilichem Machtkalkül vorgezogen, sich als Schutzheiliger einer
Ultrarechten zu positionieren.
Doch habe ich auch sonst
keinerlei Unterstützung z. B. des PAV gegen den Antisemiten Dr. Gedeon von ihm
vernommen (wie auch, da er ja dessen Fan ist: s. u.).
Keine Kritik hat er geäußert
gegen die Forderung seines Anhängers Benjamin Nolte (u. a. hier
erwähnt), die AfD möge doch bitte die Unvereinbarkeitsliste abschaffen (mit
welcher die Partei das Einsickern rechtsradikaler und rechtsextremistischer
Elemente zu verhindern sucht). Wäre halt alles negativ für seine
innerparteiliche Machtstellung, die ja gerade auf seiner Anführerfunktion für
die Hardcore-Rechten in der AfD basiert.
Mit fester Hand dagegen hält der Prätendent Nicht-Radikale aus seinem
Landesverband fern: "Ich habe
mich sehr über die Geschlossenheit bei dem Eilantrag gefreut, in dem wir als
Landesverband klar Stellung gegen die Streichung der Lucke-Abspaltung [LKR]
von der Unvereinbarkeitsliste bezogen und damit ein Zeichen für die Partei
gesetzt haben." Da ist die Unvereinbarkeitsliste ihm hochwillkommen.
Wendet man sich der Ebene
seiner politischen Inhalte und Vorstellungen zu, kommt man bei näherem
Hinschauen nicht umhin, eine gewisse Distanz zwischen Selbst- und Anhängersicht
einerseits sowie der deutlich weniger glanzvollen Wirklichkeit andererseits zu
konstatieren.
Quod est demonstrandum:
Der Retter von der
furchtsamen Gestalt
"Wir brauchen so
dringend wie niemals zuvor diese erinnerungspolitische Wende um 180 Grad, liebe
Freunde. Wir brauchen keinen toten Riten mehr in diesem Land. Wir haben keine
Zeit mehr, tote Riten zu exekutieren. Wir brauchen keine hohlen Phrasen mehr in
diesem Land, wir brauchen eine lebendige Erinnerungskultur, die uns vor allen
Dingen und zuallererst mit den großartigen Leistungen der Altvorderen in
Berührung bringt."
Das ist für mich der Versuch
einer Desertion vor der Geschichte, das ist geschichtspolitische Bettnässerei,
das ist feige Flucht vor den weniger glanzvollen Seiten der historischen
Realität, wie ich sie in anderen Zusammenhängen schon vor Jahren kritisiert hatte.
Wie Andreas
Kalbitz zutreffend formulierte:
"Dass man stolz auf sein Land sein kann, bei allen Schattenseiten, die
die Geschichte hatte. Dazu muss man auch stehen."
Wir (die Vernünftigen in der
Partei) nehmen uns aus jener unseligen Epoche der deutschen Vergangenheit keine
persönliche Schuld an. Doch keineswegs verpissen wir uns so feige wie das Ritterheer bei Taus vor den Hussiten vor unangenehmen Fakten aus der deutschen Geschichte!
Wer für eine Konfrontation
mit dem Holocaust und mit Hitlers alleiniger Kriegsschuld zu schwach ist, der
soll den Häkelkurs besuchen (oder sich in Phantasiewelten flüchten): Aber ganz gewiss keine Machtübernahme in der AfD
versuchen! Denn:
Wir sind GERMANEN - keine GERMEMMEN!
Und ein Germanenherz ERTRÄGT den historischen Schmerz!
Wer immer glaubt, durch
Fischen in trüben Altgewässern erfolgreich für Deutschlands Zukunft kämpfen zu
können (oder gar zu müssen) ist ein Narr, der NICHTS kapiert hat. Und ein
Bleischuh für jeglichen MODERNEN deutschen Patriotismus, der unsere EINZIGE
Chance ist, das tödliche Wirken der buntfanatischen und
Euro-fetischistischen Polit-Psychopathen und Deutschland-Destruenten
allenfalls noch aufzuhalten.
Ich selber pflege (wie im
Text gelegentlich ersichtlich) einen recht entspannten Umgang mit der Nazizeit:
Das Leben ist schön!
Volksverhetzung und
Propaganda für verfassungsfeindliche Organisationen? Kein Problem für den
Prätendenten - 2014 zumindest
"Die politische
Strafjustiz in diesem Land ist eines demokratischen Rechtsstaats nicht würdig.
Es kann nicht sein, dass man für ein Meinungsdelikt 10 Jahre eingesperrt wird
und für Totschlag 2 Jahre auf Bewährung erhält. Die §§ 86 und 130 und ihre
Strafbewehrung sind mehr als umstritten. [...] Die Rückeroberung der
Meinungsfreiheit ist das zentrale Motiv meiner politischen Betätigung. Die
Einschränkung der Meinungsfreiheit ist der Hebel der sanften Diktatur des 21.
Jahrhunderts. Wir brauchen keine Begriffstabuisierung, keine
Antidiskriminierungsgesetze und keine politische Strafjustiz. Hinfort damit -
und zwar schnell"
hatte der Prätendent anno 2014 in einer internen
E-Mail geschrieben, die im Mai 2015
von bösen Menschen geleakt wurde. Und weiter lesen wir:
"Höcke erklärte jetzt
[d. h. im Mai 2015] dazu, er habe diese Mail nicht bei sich finden können.
Wohl habe er aber mit AfD-Freunden darüber debattiert, ob das "Recht auf
Meinungsäußerung durch das Strafrecht zu sehr eingeschränkt" werde. Weiter
erklärte er, er sei nach wie vor der Ansicht, dass sich "ethisch
unvertretbare Meinungen nicht durch Strafnormen vermeiden" ließen."
Überdies teilte Höcke mit, für ihn seien Neonazis keine Patrioten, da sie einem
Verbrechensregime nachtrauerten."
Potztausend, Sachen gibt's:
Zu wenig Speicherkapazität! (Diese Begründung finden wir in einem Bericht des Deutschlandfunks; auf den beziehe ich mich ansonsten aber bewusst
NICHT, denn wenn ich "Volkhard Knigge" lese, dann weiß ich
schon von vornherein, wo's langgeht .....).
Lassen wir aus dem
MDR-Bericht für den Augenblick die Kinderschreck-Sätze beiseite "Thüringens
AfD-Landes- und Fraktionschef Björn Höcke hat bereits vor einem Jahr NPD-nahe
Positionen vertreten. ..... Die NPD hatte wiederholt die Abschaffung des
Volksverhetzungsparagrafen gefordert" und schauen wir in das
Strafgesetzbuch, um was es überhaupt geht.
- § 86 StGB verbietet das "Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen".
- § 130 StGB richtet sich gegen "Volksverhetzung".
Welchen Sinn haben beide
Vorschriften und was würde deren Aufhebung bedeuten?
Bei einer Aufhebung von § 86
StGB dürfte man z. B. Hakenkreuze wieder munter verwenden und verbreiten; man
dürfte also das NS-Regime wieder bewerben. Muss ich nicht haben, auch wenn es
Einzelfälle geben mag (wüsste allerdings jetzt keinen), wo die Wirkung dieses
Gesetzesparagraphen vielleicht über das Ziel hinausschießt.
§ 130 StGB verbindet sich in
unserer Vorstellung wahrscheinlich häufig mit der Strafbarkeit von
Holocaustleugnung (Stichwort Ursula Haverbeck!). Auch ich
sehe es kritisch, dass ein Staat Lügen über historische Fakten unter Strafe
stellt.
Allerdings muss man diese
Strafnorm breiter und in historischer Perspektive betrachten.
Der Holocaust war ja
überhaupt nur dadurch möglich, dass es vorher, durch die Jahrhunderte, aber im
19. Jh. intensiviert, eine diskursive Brunnenvergiftung in Gestalt einer
praktisch schrankenlosen antisemitischen Hetze gegeben hatte. Erst aus diesem
Nährboden erwuchs der "industrialisierte" Völkermord der Nazis an den
Juden. (Und als Historiker sollte der Prätendent diese geschichtlichen
Hintergründe kennen.) Von daher macht es leider sehr viel Sinn, dass jedenfalls
in Deutschland der Staat die "Meinungsfreiheit" insoweit einschränkt.
(Dass dieses Instrument gegen Kritiker der Massenimmiggression missbraucht sowie
auf andere Weise übertrieben werden kann - und derzeit tatsächlich auch übertrieben wird - steht auf einem anderen Blatt.)
Aus Gründen der Fairness
reproduziere ich hier doch noch eine Passage aus dem o. a. Bericht des Deutschlandfunks: "Weiter sagt Höcke, dass er die Paragrafen
inzwischen auch respektiere und dass Deutschland mit seiner Vergangenheit eine
besondere Verantwortung habe, für die auch er und die AfD einstünden."
Etwas anderes konnte er kaum
sagen. Trotzdem ist eine Person, die vor nicht langer Zeit (und während ihrer
AfD-Parteizugehörigkeit) derartige Meinungen geäußert hat, für den
AfD-Bundesvorstand inakzeptabel. Dass er die Mail sozusagen 'mit Nichtwissen
bestreitet', wäre nicht einmal in einem hypothetischen Gerichtsverfahren von
Bedeutung: Er kann nicht auf diese Weise „bestreiten“, was in sein Wissen
gestellt ist. Und für die politische Sphäre ist das genauso unerheblich, wie
sein Eiertanz beim Thema "Landolf Ladig".
G-20-Gipfel in Hamburg
"Zurzeit finden in
Hamburg die Proteste gegen den G20-Gipfel statt. 20.000 Menschen gingen am
Mittwochabend unter dem Motto „Lieber tanz ich als G20“ für eine gerechte Sache
friedlich auf die Straße."
Für welche "gerechte
Sache" sollte dieser gemischte Haufen, der zu einem großen Teil aus
internationalen Chaoten bestanden haben dürfte, denn seiner Meinung nach
eingetreten sein??? (Die sozio-ökonomischen Probleme, die der Prätendent später
hier benannt
hat, sind natürlich real. Doch ist die Hoffnung irreal, von Linkschaoten eine
Lösung zu erwarten.)
Und wenn es weiter heißt
"Hoffentlich bleibt
der Protest in Hamburg so friedlich, wie er bei der PEGIDA immer war!"
dann war das selbst zu
diesem, noch friedlichen Zeitpunkt eine krasse Fehleinschätzung, für jeden
offenkundig, der die vorausgegangene Berichterstattung über die
Krawall-Vorbereitungen sowie die Chaoten-Demos gegen die EZB in Frankfurt und
bei früheren G20-Gipfeln verfolgt hatte.
Im Übrigen: Otto von Bismarck
hätte gewusst, dass man linksfaschistische Terrorbanden selbst dann nicht
hofiert, wenn deren Marodeursmilizen gerade eine Kampfpause einlegen oder noch
im (scheinfriedlichen) Aufmarsch begriffen sind!
Kritik an
'undemokratischer' Wahl von Ursula von der Leyen zur EU-Kommissionspräsidentin
Diese übt der Prätendent in
einem (humorvollen) Facebook-Eintrag vom 21.07.2019. Damit plappert er munter dem Mainstream nach.
Bismarck dagegen hätte
verstanden, dass wir FROH darüber sein müssen, dass sich das EP-Konzept der
Spitzenkandidaten NICHT durchgesetzt hat! Denn die Forderung nach angeblicher
"Demokratisierung" der EU ist nichts als eine Karotte, mit
welcher die Machthaber uns final in die EUdSSR einködern wollen.
(Der Inkumbent - s. u. - weiß
das. Und fordert deshalb völlig zu Recht die Abschaffung des Europäischen
Parlaments - obwohl er selber dort Abgeordneter ist, so dass er sogar gegen
seine persönlichen Interessen spricht!)
Geldtheorie: "Raffendes"
vs. "schaffendes" Kapital?
Spinnerte
Geldsystemphantasten gibt es mehrere bei uns (auch die Ziff. 11.11 "Geldsystem
überdenken" unseres Parteiprogramms ist mir einigermaßen suspekt).
Tendenziell wohl mehr auf der libertären Seite: Dort hat man zwar nichts dagegen, dass die Reichen
reich und die Armen arm sind. Nur versteht man nicht, warum man nicht selber zu
den Reichen gehört, wie es doch von Rechts wegen sein sollte? Und weil man
dafür nicht den Umstand anklagen möchte, dass der Teufel seine großen Geschäfte
immer auf dem größten Haufen verrichtet, beschuldigt man halt "das
Geldsystem", dass es die falschen Leute reich mache. (Wobei wiederum
jeder KONKRETE Reiche sein Geld hart und quasi eigenhändig erarbeitet haben
soll.)
Andere halten (unterbewusst)
Fiatgeld für eine Ware wie Unterhosen, Toilettenpapier oder was auch immer und
glauben, dass der jeweilige (Fiat-)Geldproduzent seinem Produkt quasi eine
intrinsische Gütequalität mit auf den Weg geben könne. Daher fordern sie einen Währungswettbewerb
in der Annahme, dass sich das intrinsisch bessere Geld (worunter diese Kreise
sich ein inflationsfreies oder gar deflationäres Geld vorstellen) durchsetzen
werde.
Das ist (wie ich hier im
Detail gezeigt habe) ein Schmarrn, denn der Geldwert ist immer (mehr oder
weniger) instabil. Er wird insbesondere von der Menge und der Umlaufgeschwindigkeit
des Geldes determiniert und folglich in der Zukunft von der DANN umlaufenden
Geldmenge und der DANN gegebenen Umlaufgeschwindigkeit. Gleichfalls ist es ein
Irrglaube, dass sich in einer Volkswirtschaft die Geldmengen konkurrierender
Anbieter separieren ließen. Tatsächlich vereinigen die sich in der Wirkung zu
EINER Geldmenge, und über die hat KEINER der einzelnen Geldhersteller die
Kontrolle.
"Der Begriff
„Kapitalismus“ impliziert die dominierende Rolle des Produktionsfaktors
„Kapital“. Die Geldschöpfung aus dem Nichts durch
staatlich kontrollierte Notenbanken stärkt
die Herrschaft des Kapitals über
die anderen Produktionsfaktoren. Das Scheingeld des Geldsozialismus ist der
Treibstoff des Kasinokapitalismus, der marktwirtschaftliche
Selbstregulierungsprozesse teilweise außer Kraft setzt. Der Wachstums- und
Rationalisierungsdruck, der auf der Realwirtschaft lastet, und der auch
dazu führt, daß der Mittelstand verschwindet und immer mehr Menschen in
Deutschland von ihrer Hände Arbeit nicht mehr leben können, hat seinen
Ausgang auch in einem kranken Geldsystem. [Erinnert an Gottfried Feder, S. 34: "es handelt sich um eine schwere Erkrankung der
ganzen Menschheit."] Wer in die Diskussion über den Mindestlohn einsteigt, sollte sich darüber im Klaren sein, daß er sich im Bereich des
Nachsteuerns bewegt, also Symptompolitik betreibt. Das ist mir für die AfD zu wenig. Sie muß den Anspruch haben, die Ursachen für Fehlentwicklungen zu benennen. Der Kasinokapitalismus
und der mit ihm korrespondierende Geldsozialismus dürfen nicht das Ende der
Weltgeschichte sein. Die AfD muß
Visionsfähigkeit zeigen. Dazu gehört auch der Mut, den Kapitalismus neu zu denken."
(Von "Geldsozialismus"
schwafeln zwar auch die Libertären häufig; man darf aber sicherlich davon
ausgehen, dass der Prätendent nicht dasselbe meint, wie jene. Insoweit plappert
er wohl nur nach, was er irgendwo aufgeschnappt hat.)
Und egal, ob egoistisch oder
altruistisch motiviert: Die Erfindung von angeblich ultimativen neuen
Geldsystemen zur Behebung irgendwie unliebsamer sozio-ökonomischer
Erscheinungen ist in beiden Fällen eine
Flucht vor Verteilungskämpfen, wie sie
in der wirklichen Welt unvermeidlich sind. Wie bequem ist es doch,
anstelle der Eigentumsfunktion ein stummes "System" dafür
verantwortlich zu machen, dass die Reichen immer reicher werden und die Armen
arm bleiben - oder sogar wieder ärmer werden: Für das "System"
kann niemand was dafür und dessen Änderung nimmt - vermeintlich - niemandem was
weg. (Außer irgendwelchen "Geldsozialisten", die entweder
abstrakt gedacht oder in gewissen Kreisen kurzerhand mit den Juden
gleichgesetzt wurden/werden.)
Derartige Phantastereien sind
Dokumente einer defizitären Intellektualität und eskapistische Rückzüge aus der
Realität. Sie mögen psychologisch entlastend sein; eine Basis für eine
realitätsbasierte Politik, wie sie (wenn überhaupt) einzig und allein zu
Verbesserungen führen kann, sind sie definitiv nicht. Sondern allenfalls ein design
for disaster.
Die Behauptung, dass wegen Wachstum
und Rationalisierung in einer Wirtschaft "immer mehr Menschen ... von
ihrer Hände Arbeit nicht mehr leben können" indiziert ein ludditistisches
Unverständnis der dynamischen Interdependenzen in einer Volkswirtschaft.
Verteilen kann eine
Gesellschaft immer nur das, was produziert wurde. Pro-Kopf-Wachstum
vergrößert den Verteilungsspielraum: Man kann den einen geben, ohne den anderen
zu nehmen. In einer stagnierenden Wirtschaft ist dagegen die Verteilung ein
Nullsummenspiel: Was der eine gewinnt, verliert der andere.
Klar, dass sich die
Verteilungskämpfe in einer solchen Lage gewaltig verschärfen. Oder aber die
Verteilungsverhältnisse müssen, wie z. B. in der Feudalgesellschaft des
Mittelalters, durch gesellschaftliche Normen quasi eingefroren sein. (Trotzdem
gab es damals harte Konflikte z. B. in Form von Bauernaufständen.)
Pikanter Weise setzt (zu
Recht!) ausgerechnet das Konzept einer "Produktivitätsrente" der Erfurter AfD-Landtagsfraktion (das man dem Prätendenten
im Guten wie im Bösen zurechnen darf, auch wenn er es nicht selber verfasst
hat) voll auf eine weitere Wohlstandssteigerung eben durch
Produktivitätssteigerung und somit durch Rationalisierung. Wenn
Politiker diese Rationalisierung bekämpfen, haben die Rentner gelitten (und
alle anderen Bürger natürlich auch).
Davon, dass der Prätendent
seine monetärtheoretischen und sonstigen ökonomischen Vorstellungen
zwischenzeitlich revidiert hätte, ist mir nichts bekannt. Das halte ich auch
für eher unwahrscheinlich, denn die Fähigkeit, geld- und realwirtschaftliche
Zusammenhänge umfassend, vernetzt und folgerichtig zu durchdenken, dürfte ihm
eher nicht beschieden sein.
[Das ist übrigens auch bei
sehr vielen Wirtschaftswissenschaftlern nicht anders. Weil die Mainstream-VWL
imaginiert, eine geldbasierte Wirtschaft ohne Geld als Tauschsystem modellieren
zu können, verstehen die gar nicht, auf welche Weise Geldwesen und
Geldwirtschaft mit der Realwirtschaft interagieren. Und wie erschreckend
unbedarft selbst berühmte Volkswirte in Sachen Geldtheorie sind, hat ein gewisser
Jens Reich am Beispiel jener Vorstellungen untersucht, die diese Koryphäen von der Seigniorage haben. In Deutschland war die VWL schon mal deutlich
weiter; vgl. die Werke von Wilhelm Lautenbach und Hans Gestrich, die übrigens
in Anm. 91 und 92 des Thüringer Rentenpapiers gewürdigt werden. Aber dieses
Wissen haben der mathematisierende Talmiglanz der und die erfolgreiche Kastration der Ideen von John Maynard Keynes durch die US-VWL (und wohl auch die trommelfeuernde
Gehirnwäsche der milliardärsgeförderten Propagandafabriken - think tanks)
erfolgreich - sorry: zugeschissen. Selbst
ein Standard-Lehrbuch der VWL, die "Grundzüge
der Volkswirtschaftslehre" (Principles
of Economics) von N. Gregory Mankiw, wiederholt (in der mir vorliegenden
Auflage von 2004, S. 614 ff.) das Märchen von den Banken als
"FinanzINTERMEDIÄREN", die lediglich anderer Leute Geld verleihen
würden. Das ist Mumpitz (und seit etwa 100 Jahren überholt); tatsächlich sind
die Banken GeldSCHÖPFER.]
Wer den "Wachstums-
und Rationalisierungsdruck" dem Geldwesen zuschreibt, plappert
laienhafte Internet-Forenspinnerei nach. Dort kann man immer wieder die
Falschbehauptung lesen, dass das Zinssystem wirtschaftliches Wachstum erzwinge,
weil die Zinsen nur aus ZUSÄTZLICH hergestellten Gütern bezahlt werden könnten.
Das ist schon dadurch leicht
widerlegbar, dass es verzinsliche Kredite bereits in früheren Zeiten relativ
statischer Volkswirtschaften gab, beispielsweise im Mittelalter (was ein
Historiker wissen oder zumindest recherchieren müsste).
Auf der abstrakten Ebene habe
ich diese krude Theorie widerlegt in meinem "EBaKeBa-Modell von Geldschöpfung, Zinsen und
Realwirtschaft". (Wäre
übrigens schön, wenn jemand meine dortigen Überlegungen mal mathematisch
ausformulieren würde!)
Seine Kritik an der "Geldschöpfung aus dem Nichts" lässt
vermuten, dass der Prätendent auf dem Gebiet des Geldwesens ziemlich
uninformiert ist. Denn es gibt überhaupt nur EINE Alternative dazu, und die ist
das Warengeld, z. B. Goldgeld. Dessen Einführung würde (wegen der Goldknappheit
im Verhältnis zur weltweiten Transaktionsmenge) zu einer gigantischen Deflation
führen: Gut für die Goldbesitzer; denkbar schlecht für die Anbieter von Arbeitskraft
(Arbeitnehmer) und Gütern (Unternehmer). Dass der Prätendent ein solches
Geldsystem für erstrebenswert hält, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Er hat
wohl einfach nur etwas desorganisierte Vorstellungen vom Geldwesen und redet
insoweit nach, was ihm in irgendeinem Buch oder Internet-Forum vorgeplappert
wurde.
Für sehr wahrscheinlich halte
ich es, dass er sich an Gottfried Feder (s.a. hier) orientiert. Diesem
Geldtheoretiker ging es um die "Brechung der Zinsknechtschaft" (das Manifest hier). In
der NSDAP hatte er solange Konjunktur, wie diese Partei noch nicht an der Macht
war. Danach hat man ihn rasch abserviert; denn so bescheuert, um seine
depperte Finanztheorie einem Tauglichkeitstest zu unterziehen, waren
nicht einmal die Nazis.
Es waren wohl die Nazis, die
die Begriffe "raffendes" (Feder: Leihkapital; bei den
Nazis eindeutig antisemitisch konnotiert, aber ein Antisemit war auch Feder)
und "schaffendes" Kapital geprägt haben; diese Unterscheidung
als solche ist aber bereits in Feders Manifest angelegt ("industrielles
Großkapital" vs. "schaffende Arbeit" usw.).
Heuristisch ist sie (unabhängig von der Terminologie) komplett wertlos.
Der Prätendent verwendet
diese Ausdrücke NICHT, doch dürfte Feders federgewichtige Geldtheorie irgendwo
in seinem Hinterkopf herumwabern. Darauf deutet ein Leserbrief an die Junge Freiheit (in diesem
Blogpost von Andreas Kemper
zweifellos korrekt wiedergegeben, auch wenn Kemper ein AfD-Hasser ist) aus dem
Jahr 2008 hin, wo der Prätendent geschrieben hatte (meine Hervorhebung):
"Die gegenwärtige
Krise des Geldsystems ist definitiv keine des herrschenden Wirtschaftssystems,
also der Marktwirtschaft, sondern eine des korrespondierenden Geldsystems,
des zinsbasierten Kapitalismus [Anm. v. mir: Bei Feder "Mammonismus"].
Enorme Buchgeldschöpfungen, gigantische Kapitalakkumulationen und globale
Konzentrationsprozesse führen zwangsläufig zu zyklischen Krisen einer
hochgradig vernetzten, monokulturalisierten Weltwirtschaft. Wenn es der
Menschheit nicht bald gelingt, ein Geldsystem zu erschaffen, das nicht darauf
angewiesen ist, ein ewiges Wachstum in einer endlichen Welt zu generieren, wird
die letzte Hoffnung auf eine Selbstregulation von Mensch und Natur aufgegeben
werden müssen."
Selbiges wiederum erinnert
(wie der - zwar weit linksaußen stehende - Andreas Kemper herausgearbeitet hat) fatal an eine Passage aus dem Aufsatz "Deutsche
Impulse überwinden den Kapitalismus. Krisen, Chancen und Auftrag" (hier herunterzuladen) eines gewissen Landolf Ladig
aus der Zeitschrift "Volk in Bewegung", Heft 5/2011.
Nachdem der Prätendent trotz
gegenteiliger Ankündigung noch niemanden auf Unterlassung verklagt hat, der
seine Identität mit Landolf Ladig behauptet, ist es angesichts
frappierender Übereinstimmungen von Ladig-Texten mit solchen des Prätendenten
politisch legitim (und aus meiner Sicht sogar zwingend geboten), von eben
dieser Identität auszugehen. (Auch im MDR-Sommerinterview vom 16.08.2019 - wo er ansonsten für meine Begriffe gut rübergekommen
ist - hat er sich beharrlich geweigert, die Identität schlicht und einfach zu
verneinen.) Ladig also schreibt (meine Hervorhebungen):
"Das Wirtschaften für
den Markt läßt sich bei vernünftiger Steuerung mit Gerechtigkeit und
Erhaltung der Natur versöhnen, der Kapitalismus nicht. So ist denn die
gegenwärtige Krise definitiv keine des herrschenden Wirtschaftssystems, sondern
eine des korrespondierenden Geldsystems, des zinsbasierten Kapitalismus
[Anm. v. mir: Bei Feder "Mammonismus"]. Dieses die Gier
schamlos belohnende System [Anm. v. mir: Bei Feder "eine
Geistesverfassung, die sich weitester Volkskreise bemächtigt hat; die
unersättliche Erwerbsgier"] ermöglicht enorme Buchgeldschöpfungen,
gigantische Kapitalakkumulationen und globale Konzentrationsprozesse. Die
Hochfinanz führt die wertschöpfende Realwirtschaft und die Politik am Nasenring
durch die Manege. Zudem unterwirft die Zinsforderung des Kapitals die
Realwirtschaft einem permanenten, ressourcenvernutzenden Wachstumszwang. [Das
ist, wie ich oben gezeigt habe, unzutreffend!] Dieser systemimmanente
Wachstumszwang überfordert unsere endliche Welt, führt daher zu den bekannten
zyklischen Zusammenbrüchen und verhindert eine Homöostase von Mensch und Natur
sowie eine Freisetzung des Menschen zu sich selber."
Das sind hübsche Wörter und
Sätze, aber leider genauso inhaltsleer, wie das Leserbrief-Geschwafel des
Prätendenten (dessen Identität mit Landolf Ladig ich, wie gesagt, voraussetze.)
Da hilft nur noch Johann Wolfgang von Goethe:
„Denn eben wo Begriffe
fehlen, da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein. Mit Worten läßt sich
trefflich streiten, mit Worten ein System bereiten, an Worte läßt sich
trefflich glauben, von einem Wort läßt sich kein Jota rauben.“
Kein Geldsystem der Welt kann
eine "Selbstregulation (oder Homöostase) von Mensch und Natur"
bewirken: Das ist ein feuchter Traum. Allenfalls eine Seuche, die massenhaft
Menschen vernichtet, könnte den Rest der Natur (denn "die" Natur gibt es ohnehin nicht) vor den Menschen schützen - eine Zeitlang. Das wäre
nicht schön; aber dass "Selbstregulation" ein Vorgang sein
müsse, der (auch) die Menschen glücklich macht, ist nicht einmal dem Begriff
selber zu entnehmen. Und eine "Homöostase" (ein Gleichgewicht)
zwischen Mensch und "Natur" ist genauso eine Schimäre wie die
Phantasie von einer "nachhaltigen Wirtschaft". Aber natürlich ist der
Prätendent nicht der einzige, der dem Wortaberglauben frönt, der also meint, wo
es ein Wort (einen Satz, eine verbale Beschreibung) gebe, müsse es doch auch
die entsprechende Realität geben (oder jedenfalls geben können).
Zusammenfassend betrachten
scheinen mir die zitierten Stellen betr. Geldsystem stark auf eine Orientierung
an Gottfried Feder und dessen Kampf gegen die "Zinsknechtschaft" hinzudeuten. Irgendwelche KONKRETEN, verifizierbaren oder
falsifizierbaren Ideen liefert der Prätendent nicht. Somit darf und muss man
sein Gerede über das Geldsystem als Gesülze ohne Sachkenntnis einstufen.
Denkbar wäre noch, dass sich
der Prätendent die Rettung der deutschen Volkswirtschaft (oder gar der
Weltwirtschaft?) von der "Modern Monetary Theory" erhofft. Die
wird, wenngleich absolut neutral, in der Fußnote 91 des Thüringer
Rentenkonzepts erwähnt. (Dabei irritieren freilich der gleichzeitige und quasi
gleichwertige Hinweis auf die - miteinander inkompatiblen -
Geldsystem-Vorstellungen von Friedrich Knapp und Hans Gestrich.) Im Übrigen
werden auf dieser Seite 41 die Auswirkungen des kreditgeschöpften Geldsystems
für die volkswirtschaftlichen Dimensionen der Rentenfinanzierung (mit der
Alternative Umlageverfahren - Kapitaldeckungsverfahren) geradezu mustergültig
dargestellt, dabei aber auch (richtiger Weise) das moderne Geldsystem
stillschweigend als alternativlos vorausgesetzt. Was die MMT angeht, ist das
genauso eine Schwindeltheorie, wie die von Gottfried Feder: Vgl. meine Blotts
"MMT: Modern Monetary Theory - or Monstrous Mental
Twisting" und "Mostly Model Tailoring against the Miraculous Money
Treat of Modern Monetary Theory (MMT)".
(Diese Theorie ist im Übrigen
ohnehin überflüssig, denn Geld druckt Don Drucki Draghis Europäische
Zentralbank sowieso nach Belieben und in Hülle und Fülle. Und andere Zentralbanken
ebenso. Eigentlich müsste Don Draghi dem Prätendenten äußerst sympathisch sein,
denn der ist doch gerade dabei, die Zinsen abzuschaffen. Und was an Bankzinsen
dennoch übrig bleibt, ist gar kein Zins, d. h. kein "Eigentrag".)
Hier finde
ich ein aufschlussreiches Zitat aus dem Gesprächs-Buch des Prätendenten "Nie
zweimal in denselben Fluss": "In den USA erleben wir die
Verbündung des »Königs« [Trump] mit dem Volk gegen den Adel – die
Geldmacht."
Die „Geldmacht“ sieht mir arg nach dem aus, was andere mit dem Namen "Ostküste"
belegen ..... .
Und weiter berichtet der
Blogger: "Dazu schimmern immer wieder Redewendungen durch, die eine Art
'Verschwörung' in den USA postuliert: 'Hintermänner', 'Geldmacht',
'Abhängigkeiten', 'sklavisch gekettet'."
Außerdem: Dass Donny
Taschenfüller (alias Donald Trump), dessen Unternehmenssteuerreform den Reichen
zu Lasten der Steuersklaven (vorerst großenteils schuldenfinanziert, teils auch
durch Anrechnungsbeschränkung und somit im Ergebnis durch Erosion der
Steuerbasis der Bundesstaten) das Geld in die Taschen spült, jenseits seiner
Rhetorik und seines wahlkämpferischen Buhlens ein Verbündeter des VOLKES sei:
Das kann nur glauben, wer nicht gar so tief nachdenkt.
Zur Klarstellung:
1) Auch ich sehe Zinsen (bzw. genauer: den "Eigentrag",
also die Guthabenzinsen), und darüber hinaus ganz allgemein die "Überakkumulation" von Geld, durchaus kritisch (vgl. auch unten zum Rentenpapier des
Inkumbenten). Nur sehe ich die nicht im Geldsystem begründet, sondern im Eigentumssystem. Bei dem Geldsystem
zeigt sich ja gerade brandaktuell, dass dieses in großen Teilen der Welt
(Japan, Europäische Währungsunion -EWU-, auch USA) dabei ist, nicht nur den
Guthabenzins abzuschaffen, sondern sogar vorhandene Geldbestände abzuschmelzen
(Negativzins; m. E. läuft das tendenziell auf Ideen von Silvio Gesell
hinaus; aber auch an das letzte Kapitel von Keynes' "General Theory ..." fühlt man sich erinnert).
Wie das in einer Gesamtschau
zu bewerten ist, lasse ich hier dahingestellt. Dem Lamento in Ziff. 11.9
AfD-Parteiprogramm "Das derzeit niedrige Zinsniveau gefährdet die
Alterssicherung weiter Teile der Bevölkerung und kann deshalb nicht aufrecht
erhalten werden" kann ich mich allerdings NICHT anschließen. Dann muss
eben der Staat allen Bürgern die Möglichkeit geben, Beiträge in das staatliche
Umlage-Rentensystem einzuzahlen. Und nicht alle Kapitalbesitzer fettfüttern, um
(angeblich) etwas "für die Rentner" zu tun! Denn wenn ich etwas hasse
(außer dem Schurkel-Regime), dann sind das lobbyistische VERLOGENHEIT und
TRITTBRETTFAHREREI (in diesem Falle seitens der Kapitalinteressen)!
2) Den „Kasinokapitalismus“, von
dem der Prätendent spricht, entspringt natürlich nicht seiner Einbildung: Der
ist sehr real. Nur ist es ein Irrglaube, dass man den mit Volksglaube und
Forenwissen bekämpfen könnte. Zunächst einmal ist ein sachadäquates Verständnis
des Geldwesens vonnöten. Sodann müssten die Hintergründe dieser Erscheinung
wissenschaftlich erforscht werden. Das ist bislang nach meiner Einschätzung
nicht der Fall. 2010 ("Es ist nicht gut, dass der Mensch allein
denke!") und 2013 (" 'Manhattan Project' für die Wirtschaftswissenschaften!") habe ich einschlägige Forschungsprogramme
angeregt. Die werden aber nicht kommen, weil m. E. die Mainstream-VWL (und erst
Recht die Kapitalbesitzer) gar kein Interesse daran haben, dass diese Bereiche
transparent werden. (Und die VWL leidet - ähnlich wie der Prätendent und
vergleichbare Foren"weisen" - insofern ebenfalls an
Selbstüberschätzung, als sie glaubt, die tieferen Hintergründe und
Hintergrund-Mechanismen der Finanzmärkte im Prinzip längst zu kennen.)
Ein wenig glückliches
Händchen hat der Prätendent auch dort, wo es um Bücher geht:
Gedeon-Gift:
"Lektüreempfehlung:
'Grundlagen einer neuen Politik - Über Nationalismus, Geopolitik, Identität und
die Gefahr einer Notstandsdiktatur' von Dr. Wolfgang Gedeon" jubelte
er am 07.12.2015
auf seiner Facebook-Seite. Und rezensierte (meine Hervorhebung):
"Die Gedanken von Dr.
Gedeon können einen wichtigen Beitrag zur Klärung unseres Selbstverständnisses
leisten. Letztlich ist es der "Erfurter Weg", ihn so zu
nennen, sei mir gestattet, dem der Autor das Wort redet. Ich hoffe, daß
seine "Grundlagen einer neuen Politik" zahlreiche Leser in der AfD,
besonders in den Landesfach- und Bundesfachausschüssen finden werden. Die erste
Veröffentlichung von Programmpassagen stimmt mich einerseits hoffnungsfroh,
anderseits fehlt insbesondere in den europa- und außenpolitischen Aussagen
stellenweise der Mut zur Ausschärfung."
Ob die antisemitische
Einstellung des Dr. Gedeon speziell in dieser Broschüre wirklich so offenkundig
ist, wie dieser
Artikel unterstellt, lasse ich mal offen. Wenn freilich der Kundige dort [z. T.
auch auf der Webseite von Dr. Gedeon nachlesbar] über den Textinhalt erfährt
"Nicht der Angriff
der Wehrmacht auf Polen, Frankreich oder die Sowjetunion habe das Eingreifen
der USA ausgelöst, noch sei es der Genozid an den europäischen Juden gewesen.
Die Amerikaner hätten den Krieg gewollt, so oder so. 'Hätte sich damals ein
demokratisches Deutschland in gleicher Weise zu einer politischen und
wirtschaftlichen Großmacht entwickelt wie das nationalsozialistische: Man hätte
außenpolitisch und militärisch nicht anders gehandelt, als man es im Fall
Hitler-Deutschlands getan hat', schreibt Gedeon"
und dann beim Prätendenten
liest
"Der Autor versteht
es ....., die Lage Deutschlands und Europas – auch im historischen und
philosophischen Rekurs – für jeden nachvollziehbar zu entwickeln"
dann fühlt er sich stark an
den oben erwähnten Aufsatz "Deutsche Impulse überwinden den
Kapitalismus. Krisen, Chancen und Auftrag" des Landolf Ladig aus der
Zeitschrift "Volk in Bewegung", Ausgabe 05/2011 erinnert (auf
dieser AfD-Hasser-Seite
herunterzuladen), wo es u. a. heißt (meine Hervorhebungen):
"Das europäische
Kraftzentrum [Deutschland] entwickelte sich so prächtig, daß die
etablierten Machtzentren sich gezwungen sahen, zwei ökonomische
Präventivkriege gegen das Deutsche Reich zu führen. Der zweite Krieg; war
allerdings nicht nur ökonomisch motiviert, sondern darf auch als ideologischer
Präventivkrieg angesprochen werden, hatte sich im nationalsozialistischen
Deutschland doch eine erste Antiglobalisierungsbewegung staatlich etabliert,
die, wären ihr mehr Friedensjahre zur Erprobung vergönnt gewesen,
wahrscheinlich allerorten Nachahmer gefunden hätte. Es muß betont werden, daß
weltweit kapitalismusmüde Selbstdenker ..... Deutschland ..... bis heute
als politische Ideenschmiede wahrnehmen. Trotz der beinahe totalen Zerschlagung
des europäischen Zentrums ist hier die Glut immer noch nicht erloschen. Eine
kleine politische Avantgarde existiert, die in der Lage ist, dieser Welt den
Weg aus der kapitalistischen Sackkasse zu weisen."
Da versteht man dann auch
oben das Lob des Avantgarde-Prätendenten für linksterroristische Chaotenbanden:
Hauptsache, es geht gegen Globalisierung und Kapitalismus!
[Wen es interessiert: Die
Fakten rund um die Kriegserklärung Deutschlands an die USA schildert dieser
Wikipedia-Artikel.]
Dass Gedeons Gedanken mit dem
"Erfurter Weg" des Prätendenten identisch sind, sollte uns zu
der knallharten Replik veranlassen, dass SEIN WEG DEFINITIV NICHT DER WEG
UNSERER AFD IST!
Und unsere Wege sich leider
trennen müssen, wenn der Prätendent weiterhin glaubt, die AfD auf seinen
und Gedeons "Erfurter Weg" führen zu müssen (oder überhaupt
führen zu dürfen)!
Reproduktionsstrategien
der Europäer und der Afrikaner
Ob seine Äußerungen (am
21.11.2015) über afrikanische "Ausbreitungstypen" mit "r-Strategie"
und europäische "Platzhaltertypen" mit K-Strategie rassistisch
waren, muss hier nicht interessieren (seinerzeit hatte ich den Prätendenten gegen diesen Vorwurf verteidigt). Intellektueller Müll waren sie allemal, offenkundig aus irgendwelchen unverdauten
Biologiebüchern entnommen. Und als Historiker sollte man auf der
"Makro-Ebene" wissen, was eine Biologin aus der Mikro-Sicht des
Individuums so beschreibt:
"... dass der Effekt
der Gene auf ethnische Gruppenunterschiede nicht besonders groß sein kann .....
sollte uns eigentlich schon unser gesunder Menschenverstand sagen. Oder
vielleicht unsere Familiengeschichte. ..... Denn als Europäerin muss ich
ja auch nicht weit in meine eigenen
Familiengeschichte
zurückgehen, um zu angeblich so afrikanischen Familiengrößen zu kommen."
"Der Krieg, der
viele Väter hatte"
Die Exkulpierung von
Nazi-Deutschland und von Adolf Lämmlein ist dem Prätendenten ein
Herzensanliegen. Im Anschluss an seine berühmt-berüchtigte Dresdner Rede vom 17.01.2017 (Transkript)
hatte er dem Wall Street Journal ein Interview gegeben. Dieses ist hier in Auszügen nachlesbar.
Wir konzentrieren uns nur auf die folgende Passage (meine Hervorhebungen):
"WSJ: Es gibt zum
Beispiel den Historiker [Stefan] Scheil, ich habe gelesen, Sie haben zusammen
mal mit ihm ein Interview gemacht in der Sezession. (Hier: Teil 1; Teil 2.) Was
halten Sie von seinen Thesen? Da geht es ja auch darum die unmittelbare Schuld,
oder wie auch immer, für den Anfang des Zweiten Weltkriegs etwas anders zu sehen.
Höcke: Also, Stefan Scheil
hat sicherlich zu dem Thema profund geforscht. Es gibt andere Bücher, die
erschienen sind in den letzten Jahren, die für große Furore gesorgt haben. Zum
Beispiel, Gerd Schultze-Rhonhof, der kein Historiker von Hause aus ist, der
aber ein sehr guter Autodidakt ist, der aber ein Buch geschrieben hat, das
heißt, “1939: Der Krieg, der viele Väter hatte.” Das ist über 50.000 Mal meines
Wissens auch verkauft worden und da geht’s eben darum. Wissen Sie, das
große Problem ist, dass man Hitler als das absolut Böse darstellt. Wir wissen
aber natürlich, dass es in der Geschichte kein Schwarz und kein Weiß gibt. Und
dass es viele Grautöne gibt. Und es gibt viele Quellen, die darauf schließen
lassen, wenn man es interpretiert, dass dieser 2. Weltkrieg nicht unbedingt zum
2. Weltkrieg - Betonung auf Weltkrieg - hätte werden müssen, wenn nicht auch
interessierte Mächte am Werke gewesen wären, die diesen Krieg eskaliert haben.
Und ich denke, das wird sicherlich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch
zur entsprechenden Aufarbeitung führen und wird sicherlich neue
Historikerdiskussionen auch hervorrufen. Ich glaube, jetzt ist so die Zeit, die
letzten Überlebenden der Zeit des 2. Weltkrieges sterben langsam, es gibt dann
kaum noch einen der lebt und diese Zeit am eigenen Leibe erlitten und erlebt
hat, und es wird dann auch zu einer anderen, zu einer neuen Sicht auf die Dinge
führen, und zu einer neuen Fragestellung, davon bin ich überzeugt.“
Zunächst einmal fällt hier
auf, dass er die Autorität des Rhonhof-Buches aus der Verkaufszahl herzuleiten
sucht. Das stößt mir schon deshalb sauer auf, weil „zu meiner Zeit“ die
Linksfaschisten genau dasselbe Argument für die Mao-Bibel vorgebracht hatten („Millionen
Chinesen können nicht irren“). Und welchen immensen Erkenntniswert müssten
nach diesem Kriterium die Bücher von Rosamunde Pilcher haben, deren
Auflageziffer die 50.000 sicherlich um ein Vielfaches übersteigt?
Vor allem aber ist es eine
INTELLEKTUELLE BANKROTTERKLÄRUNG, wenn ein studierter Historiker die angebliche
Richtigkeit der Behauptungen von Schultze-Rhonhof nicht aus einer
eigenständigen Analyse herleitet, sondern aus der Auflagenhöhe: Dümmer geht‘s
nümmer!
Dass Schultze-Rhonhof in
Wahrheit ein geschichtsklitternder Scharlatan erster Güte ist, dessen
Kriegsentschuldungsstrategie für Adolf Hitler sogar ein Laie wie ich mit
wenigen Stunden Arbeitsaufwand locker widerlegen kann („Logik ade beim Generalmajor a. D.: Gerd
Schultze-Rhonhofs fragwürdiger Feldzug für Adolf Lämmleins Ehrenrettung“), spricht auch nicht gerade für eine süperbe
Intelligenz des Prätendenten, der sich selber zweifellos als
politisch-ökonomisches Universalgenie mit dem Auftrag zur Rettung unseres
Vaterlandes begreift.
„Nie zweimal in denselben Fluss“: Rezensionen
Das Buch
selber habe ich nicht gelesen. Aber eine Menge von Buchbesprechungen, die ich
nachfolgend verlinke. Ein Fan des Prätendenten ist KEINER von den Rezensenten;
die allermeisten stehen auch der AfD ablehnend gegenüber. Trotzdem denke ich,
dass man sich allein schon aus den Zitaten ein brauchbares Bild davon machen
kann, wes Geistes Kind der Interviewte ist.
An den Anfang stelle ich eine
3-teilige Besprechung (10.+11.02.2019) von "Frank2000" aus dem bekannten Blog "Zettels Raum".
Der Autor bemüht sich intensiv um eine unvoreingenommene Beurteilung. Er ist
ersichtlich kein AfD-Hasser und auch nicht feindlich gegen Höcke eingestellt.
Aber sehr kritisch:
Teil 3 "Höcke: Ein Fall für den Verfassungsschutz?" ist in Frage- und Antwortform verfasst: Ist/hat Höcke
......? Ja/nein .... . Beispiele: "Welches Selbstbild hat Höcke?
Antwort: Er sieht sich als ein möglicher Retter des deutschen Volkes."
"Gibt Höcke eine Begründung, warum ausgerechnet er das deutsche Volk
retten könne? Antwort: Nein." Weitere Auszüge: "[der] völkische
Gedanke bestimmt auch den Titel des Buches – Fluss und so. Der Fluss soll etwas
sich ewig veränderndes, aber auch immer gleiches symbolisieren – und zugleich
soll der Fluss etwas sein, was „bedeutender“ sei als der einzelne
Wassertropfen."
Resümee des Blog-Autors:
"Was mich an der ungesteuerten Massenmigration stört ist nicht, dass
Menschen nach Deutschland kommen, die keinen deutschen Stammbaum bis drei
Generationen haben. Sondern dass oft Menschen kommen, die sehr weit entfernt
sind von unseren Ideen, unserer gesellschaftlichen Grundlage. Und dass damit
die Existenz dieser Ideen gefährdet ist. Und Höcke stellt diese Ideen ebenfalls
zur Disposition. Es ist nicht so, dass Höcke grundsätzlich alle westlichen
Werte ablehnt. Aber sie sind ihm nicht wichtig, oft sogar lästig. Man kann
Höckes These wie folgt zusammenfassen: Müsste Höcke wählen zwischen dem
„deutschen Volk“ (was immer das ist) und dem „westlichen Wertekanon“, dann
wählte Höcke ersteres."
Weitere Rezensionen in
chronologischer Reihenfolge:
- "Björn Höcke droht mit 'Dunkeldeutschland'", Meinhard Creydt, Telepolis, 12.10.2018. (Mit Vorsicht zu genießen, aber, wie man im Vergleich mit anderen Rezensionen sieht, auch keineswegs grundfalsch.)
- Liane Bednarz ist eine eingefleischte AfD-Hasserin; von daher ist auch deren Buchbesprechung kritisch zu lesen - aber ebenfalls nicht völlig aus der Luft gegriffen. Im Focus ist ihre Rezension in 2 Teilen erschienen "Der ultimative Guide für die Radikalisierung der AfD" und "Die Aufstandsfantasien des AfD-Rechtsaußens" (beide vom 25.03.2019; ursprünglich erschien zumindest der erste Teil am 15.01.2019 in der - erfreulicher Weise - eingegangenen HuffPost). Buchzitat aus Teil 1: “Mein persönlicher Leidensdruck wurde schließlich so groß, dass ich den Schritt [offenbar: in die Politik] tun musste.“ (S. 105). Potztausend: Bei mir verhält es sich ganz genau so! Allerdings leide ich nicht nur unter den Zuständen in Deutschland, sondern auch daran, dass ein Prätendent wie dieser in unserer AfD nach der Macht greifen möchte. Da wuchs denn mein Leidensdruck dermaßen ins Unermessliche, dass ich ..... 😈
- "Der Volksempfänger", Raoul Löbbert in der ZEIT vom 21.01.2019 (meine Hervorhebungen): "Der größte Gefallen, den man Björn Höcke tun kann, ist, zu glauben, den Mann umgebe ein Geheimnis, ein diabolisches Charisma, das ihn heraushebt aus der Riege der Apparatschiks und Berufspolitiker und ihn weit einflussreicher macht, als es seinem Amt als Fraktionsvorsitzender der Thüringer AfD entspricht. Viel Zeit und Mühe hat Höcke in den vergangenen Jahren darauf verwendet, seine Anhänger und Gegner glauben zu lassen, er sei ein Politiker nicht von dieser Welt. Dieser Nimbus machte ihn mächtig. So mächtig, dass seine Anhänger ihn schon jetzt als deutschen Messias verehren und erwarten, dass er das Volk rettet vor Moderne, Überfremdung und Individualisierung."
- "Bescheidener Weltenlenker", Dieter Stein, Junge Freiheit, 28.02.2019. Daraus (meine Hervorhebungen): "Höcke lehnt es ab, als rechts oder auch nur als konservativ bezeichnet zu werden. Was zu dem wenigen wirklich Überzeugenden in diesem Buch zählt. ..... Daher sein Plädoyer, mit der Linken zusammenzuarbeiten, um zu einer 'kapitalismusüberwindenden Position' zu gelangen und einen nationalen Sozialismus zu schaffen, den er natürlich nicht so nennt, sondern 'solidarischen Patriotismus' mit – Achtung Carl Schmitt! – „Investitionsverbot raumfremden Kapitals“. Und dann kommt das klägliche Ende: Wenn er abschließend sagen soll, was er konkret im Rahmen seines umfassenden gesellschaftlichen Umbaus ändern wolle, produziert er nichts als heiße Luft: „Die Details eines Neubaus sollten und können nicht von oben verordnet, sondern in einer großen, gemeinsamen Aussprache ermittelt werden.“ Stuhlkreis? Flipchart, Cluster mit Klebepunkten? Höcke: „Es gibt viele Ideen und Ansätze zu diskutieren, zu bewerten und abzuwägen, bevor sich eine Entscheidung herauskristallisiert. Bei der Umsetzung wird man nach dem Prinzip ‘Trial an Error’ verfahren, manches wird funktionieren, anderes nicht.“ Besser hätte es Angela Merkel auch nicht sagen können. Nichts Originäres oder wenigstens Originelles hat dieser redselige, weitschweifige „metapolitische“ Möchtegern-Vordenker zu bieten. Nicht einmal irgend etwas Konsistentes." [Die von Götz Kubitschek gegen Stein verfasste Gegenkritik (28.02.2019) "Dieter Stein las Björn Höcke" geht nirgends substantiell auf Steins Kritik am Prätendenten ein. Im Wesentlichen verschiebt Kubitschek die Torpfosten und ballert dann die Bälle rein.]
- PETER J. BRENNER und JOSEF KRAUS, Autoren desselben Verlages, in welchem Höckes Buch erschienen ist, sind (anscheinend im Juni 2019) mit dem Manifest "HÖCKE UND WIR. EINE GRENZZIEHUNG" auf Distanz zum Prätendenten gegangen. Der 2-seitige Text enthält auch so etwas wie eine Rezension (meine Hervorhebung): "Wer sich mit Höcke auseinandersetzen will, sollte sein Buch vorher lesen. Er wird enttäuscht werden, denn es handelt sich um ein Buch von einer geradezu bestürzenden Harmlosigkeit, das dem Ruf seines Autors als Bürgerschreck in keiner Weise gerecht wird. Wer anstößige Stellen sucht, wird in diesem Buch allenfalls mit einer – heute allerdings üblich gewordenen – äußersten Überdehnung einer Verdachtshermeneutik fündig werden. Der politische Kern des Buchs ist ein ziemlich biederer »solidarischer Patriotismus«, der nicht gerade furchterregend wirkt, und der flankiert wird von einer gut bürgerlichen Halbbildung, die als Gewährsleute herbeizitiert, was gerade am Wegesrand liegt: Schopenhauer, Nietzsche, Buber, Heidegger; Karl Martell, Bismarck, Adenauer. Außer dem Makel der Langeweile bietet das Buch wenig Ansatzpunkte für eine kritische Auseinandersetzung. Auf kuriose Weise erscheint Höckes Buch als eine auf rechts gewendete Neuauflage der 68erPolitik. Wer alt genug ist, wird sich noch erinnern an die »fundamentale Kritik des Bestehenden« – eine Formulierung Höckes, nicht Herbert Marcuses –, an die Unzufriedenheit mit dem »System«, an die auf die Zukunft gerichteten Heilserwartungen. Ernstnehmen kann man das bei Höcke genauso wenig wie die seinerzeitigen Phantasmagorien eines Ernst Bloch oder eines Herbert Marcuse. Damit kann man nichts anfangen, weder philosophisch noch politisch, weder damals noch heute. .....Höckes Buch hat keine Substanz, die Ansatzpunkte für eine politische Auseinandersetzung böte, aber es bietet auch keinen Anlass, Berührungsverbote oder Diskursausschlüsse zu fordern." Das Fazit der Verfasser gilt mutatis mutandis ebenso und ganz besonders für unsere AfD: "Dass wir jetzt via TUMULT, Manuscriptum und Höcke-Buch samt Böckelmann-Vorwort in eine politische Ecke gedrängt werden könnten, in der wir nicht stehen, ängstigt uns keineswegs. Es belastet aber unsere politische und publizistische Anschlussfähigkeit zur konservativen, bürgerlichen und liberalen Mitte. Dem Anliegen dieser Mitte, deren Vitalisierung unsere publizistische und politische Arbeit in erster Linie dienen soll, ist damit nicht geholfen." - SO IST ES!!!
Licht und Schatten im
Thüringer Rentenkonzept
Wie ich oben bereits sagte,
hat der Prätendent das Konzept der "Produktivitätsrente" nicht selber verfasst; das hat ein studierter
Volkswirt geschrieben. Da es aber von der AfD-Fraktion im Thüringer Landtag in
Auftrag gegeben und veröffentlicht (und somit auch gebilligt) wurde, ist es nur
Recht und billig, dieses in Lob und Tadel auch dem Fraktionsvorsitzenden
zuzurechnen.
Die Arbeit ist METHODISCH
BRILLANT. "Tatsächlich gut geschrieben" attestiert ihm sogar der scharfe Kritiker (bestimmter Aspekte) Prof. Gerhard Bosbach.
Was den Inhalt angeht, ist
die Beschränkung einer Teilrente (eines Rentenzuschusses) mit dem Namen "Staatsbürgerrente"
auf deutsche Staatsbürger (S. 31 ff, insbesondere die klarstellende Notiz S. 33
rechts unten) absolut inakzeptabel. Die dadurch entstehenden Kosten sollen aus
Steuermitteln bezahlt werden (S. 37). Nicht alle Einzelheiten müssen hier
interessieren; Anspruchsbedingung sind jedenfalls u. a. 35 Beitragsjahre.
Zumindest ein großer Teil davon werden Arbeitsjahre sein, und wer arbeitet,
zahlt i. d. R. auch Steuern (wer nicht arbeitet, übrigens auch: Umsatzsteuer,
Energiesteuer usw.!). Das heißt, dass sehr viele Ausländer, als Arbeitskräfte
in Deutschland, jene Steuern mit aufgebracht haben, aus denen dann nur die
Deutschen einen speziellen Rentenaufschlag erhalten würden. Im Ergebnis wäre
das eine Art von Sklavenhaltung (Stichwort „Fremdarbeiter“);
SOLCHE DENKE KANN ICH NUR ALS KRANK KRITISIEREN!
Nachtrag 26.08.19: „lobt Höcke …[jetzt in einer Wahlkampfrede] den Umgang der
DDR mit ihren eigenen Gastarbeitern, die ohne Kontakt zur Bevölkerung in
eigenen Heimen wohnten und nach Vertragsablauf zurückgeschickt wurden“: Der
scheint tatsächlich Ausländer, die in Deutschland arbeiten, wie die „Fremdarbeiter“ unseligen Angedenkens
behandeln zu wollen. Glasklar inakzeptabel!
Allerdings wäre, wenn man bei
den Ausländern (zwangsläufig) auch die Immiggressoren (Begriff s. hier)
einbezieht, folgende äußerst unbefriedigende Fallgestaltung denkbar:
- Immiggressor (ggf. Zweit-, Dritt- oder Viertfrauen ....) bezieht 35+ Jahre Hartz IV, hat also nie hier gearbeitet.
- Da jedoch auch für diese Zeit Rentenbeiträge gezahlt werden, lebt er im Alter herrlich und in Freuden auf Kosten der einheimischen Arbeits- bzw. Beitrags- (oder Steuer-)sklaven.
Das ließe sich aber anstelle
der Anspruchsbeschränkung auf Staatsbürger m. E. besser mit folgenden
(alternativen) Regelungen ausschließen:
- Nur Arbeits- und gleichgestellte Jahre (Kindererziehung, Pflege) für diese Zusatzrente zugrunde legen, NICHT Zeiten der Arbeitslosigkeit.
- Meine eigene Präferenz wäre es, die Mini-Renten GAR NICHT AUFZUSTOCKEN. Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Markus Söder hatte im März 2019 "höhere Freibeträge beim Vermögen und der Rente" vorgeschlagen. Das erscheint mir vernünftig und ist finanzierbar. Das Problem mit der Grundrente ist, dass man auch ohne größeres Arbeitseinkommen eine auskömmliche Rente bekäme. Für mich verletzt das die Beitragsgerechtigkeit. Warum soll sich jemand für ein paar Euro Mehrverdienst krummlegen, wenn er bei seiner TATSÄCHLICH ERARBEITETEN Rente am Ende auch nicht mehr bekommt als jemand, der die Hände in den Schoß gelegt hat? Und generell bin ich der Meinung, dass man die Staatszitzen nicht überfordern darf, indem man allzu viele Sauger daranlegt.
Insgesamt sind mir die
Annahmen zur Produktivitätsentwicklung zu optimistisch und die
Aufstockungs-Ausgaben allzu großzügig, als dass ich mich mit dem Thüringer
Rentenpapier IM ERGEBNIS anfreunden könnte.
Ich lehne es ab, im unteren
Bereich die Leistung bzw. den Erfolg komplett zu nivellieren: Wer
(hypothetisch) sein ganzes Leben von Hartz IV gelebt hat, der mag das auch im
Alter tun!
Aber, wie gesagt: Methodisch
ist das Papier ein Leuchtturm und steht haushoch über dem, was der Inkumbent in
diesen Bereich vorgelegt hat.
Der Bonsai-Bismarck hält
Hof in Greding
Am Samstag, 04.05.2019, trafen sich Mitglieder (bzw., mangels fester Organisationsstruktur:
Sich-zugehörig-Fühlende) des "Flügels" (Homepage; Wikipedia) aus dem
süddeutschen Raum in dem bayerischen Ort Greding. Das Datum lag nur 3 Wochen
vor der Europawahl (26.05.2019): naturgemäß kein guter Zeitpunkt, um durch die
Zusammenkunft einer innerparteilichen Strömung die Öffentlichkeit daran zu
erinnern, dass es in der Partei unterschiedliche Meinungen, also eine gewisse
Spaltung, gibt. Zumal DIESE Strömung vom Verfassungsschutz zum "Verdachtsfall" erklärt worden
war. Mit der Abhaltung eines solchen
Treffens kurz vor einer Wahl bietet man den AfD-Hassern in Politik, Medien und
Gesellschaft eine hervorragende Gelegenheit, den biederen Wahlschäfchen die
Grusel-Show der Rechtsaußenpartei mit angeblich zumindest dubioser
Verfassungstreue vorzuspielen. Das gilt schon ganz unabhängig von dem, was auf
einer solchen Veranstaltung geschieht. Da es freilich in Bayern und besonders
in Baden-Württemberg im Flügel einige besonders - ich sage mal zurückhaltend -
"robuste" Kräfte gibt (Stuttgarter
Aufruf; Burladinger Treffen), waren auch bei dem Gredinger 'Südflügel'-Treffen Vorkommnisse zu
erwarten, die Wasser auf die Mühlen der AfD-Feinde sein würden.
Daher, und weil diese
Veranstaltung parallel zu einem Wahlkampfauftritt des Inkumbenten in Landsberg
am Lech stattfand, so dass mit einem Kannibalisierungseffekt bei dessen
Zuhörerzahlen zu rechnen war, hatte ich heftig gegen das 'Südflügel'-Treffen
opponiert.
Zuerst vergeblich auf
Facebook, in einer internen Gruppe der AfD Bayern.
Am 26.04.2019, schrieb ich dann
in einer E-Mail an den Prätendenten und "Flügel"-Chef u. a.:
"... das o. a.
Treffen der süddeutschen "Flügel"-Anhänger in Greding am 04.05.2019
fällt mitten in den Wahlkampf zum Europaparlament. Ich halte es für eine
ausgesprochene Schnapsidee, ein solches Treffen ca. 3 Wochen vor einer
wichtigen Wahl anzuberaumen. ..... Enorme Risiken sehe ich ..... hinsichtlich
der Außenwirkung einer solchen Veranstaltung in seiner solchen Phase. Und
dadurch zugleich in der Auswirkung auf die Wahlergebnisse unserer AfD, speziell
hier in Bayern. ..... Zunächst einmal ist "Der Flügel" als
Gruppierung innerhalb unserer AfD bekanntlich ein offizielles
Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes. Ob zu Recht oder nicht, ist in
diesem Zusammenhang absolut unwichtig: Die Medien, die uns in der großen Masse
nicht sonderlich wohlwollend gegenüberstehen, werden uns diesen gegenwärtigen
Sachstand genüsslich aufs Butterbrot streichen. Und dabei natürlich
insinuieren, dass diese Beobachtung aus guten Gründen erfolge (und eigentlich auf
die ganze AfD ausgedehnt werden müsse). Das Gedächtnis der Wähler ist ja nicht
unbedingt das Beste; aber das Flügeltreffen gibt den Medien eine tolle Chance,
es in ihrem Sinne (also zu unserem Schaden) wieder aufzufrischen. Man kann
derlei Bedenken als "Bettnässerei" abtun. Für politisch intelligent
halte ich eine mentale Selbstabschottung gegenüber den Realitäten allerdings
nicht. Egal, wie man zum "Flügel" (oder, auf der anderen Seite, auch
zur AM) steht: Es handelt sich um innerparteiliche Fraktionsbildungen. Jedes
Treffen macht also die Öffentlichkeit neuerlich auf innerparteiliche
Bruchlinien aufmerksam. DASS es zu derartigen innerparteilichen Flügelbildungen
kommt, lässt sich wohl nicht vermeiden. Wohl aber, dass man den Aspekt einer
(teilweisen) innerparteilichen Uneinigkeit der Öffentlichkeit ausgerechnet in
einer Wahlkampfphase erneut unter die Nase reibt. Ich gehe davon aus, dass die
Initiative zu dieser Veranstaltung nicht von Ihnen ausgegangen ist, Herr Höcke.
Aber wenn man schon in "meinem" bayerischen Landesverband nicht
genügend Verstand hat, ein solches Treffen aus der Wahlkampfzeit
herauszuhalten, dann sollten zumindest Sie ihn haben. Denn egal, ob Sie konkret
dieses Treffen angeregt haben oder nicht: Wenn insoweit irgendetwas schief geht,
wird man die Verantwortung insbesondere auch Ihnen anlasten. Und das keineswegs
zu Unrecht, denn schließlich sind Sie der Anführer dieser innerparteilichen
Gruppierung; wenn Sie nicht in Greding auftauchen, fällt der Anreiz für die
Flügellanten, zu diesem Treffen hinzufahren, weitestgehend weg."
Das Treffen fand natürlich
trotzdem statt und der Prätendent, der gedacht haben mag "was will der
kleine Kläffer", hielt selbstverständlich seine Rede vor seinen Getreuen.
Wie zu erwarten, kam es bei
der Veranstaltung zu Vorfällen, die unserer AfD negative Medienmeldungen
bescherten. Breiten medialen Widerhall fanden Insbesondere
- das Abspielen (und teilweise Absingen) der ersten beiden Strophen des Deutschlandliedes und
- die von Benjamin Nolte, Mitglied im Landesvorstand der AfD Bayern, erhobene Forderung nach Abschaffung der parteiinternen "Unvereinbarkeitsliste" (mit insbesondere rechtsextremistischen Organisationen) für die AfD-Mitgliedschaft.
Nach meiner Einschätzung hat
uns das bei der Wahl deutschlandweit ca. 0,5 - 1% der Wählerstimmen gekostet
und speziell in Bayern 1 - 2%. Die Messlatte für unsere AfD ist nicht die
Europawahl 2014, wo wir mit 7,1% noch
schwach waren. Sondern die Bundestagswahl 2017, wo wir 12,6% erreicht
hatten. Gegenüber diesem Ergebnis sind wir auf Bundesebene auf 11%
zurückgefallen.
In Bayern hatten wir 2017 bei
der Bundestagswahl 12,4%
erreicht. 2018 waren wir bei der Landtagswahl bereits auf 10,2%
zurückgefallen. Diese Verschlechterung ließ sich realistisch mit der Konkurrenz
der "Freien Wähler" erklären, deren Schwerpunkt die Arbeit in
den Kommunen und hier in Bayern auch auf Landesebene ist.
Als Ursache für den WEITEREN
Absturz der AfD in Bayern bei der Europawahl auf nur noch 8,5% (2014: 8,1%) sehe ich nicht zuletzt die Negativpresse an, wie sie insbesondere das
Gredinger Treffen ausgelöst hat.
Für die Terminierung kurz vor
der Wahl war der Prätendent NICHT verantwortlich.
Aber der große Bismarck hätte
gewusst, was sogar dem kleinen Brinkmann klar war: Dass ein solches Treffen der
AfD negative Schlagzeilen bescheren würde. Der Erfurter Bonsai-Bismarck (Foto) indes
hat sich nicht drum geschert - und nun haben wir die Bescherung.
Im Übrigen zeigt sich die
unglaubliche Einfalt der Hardcore-Flügellanten auch daran, dass sie sich bei
der Organisation des Gredinger Treffens von einem gewissen Wolfgang Freiherr
von Kraus haben helfen und "sponsern" lassen. Dieser feine Herr war
schon vor längerer Zeit aus der AfD entfernt worden, weil er seine Identität
nicht nachweisen konnte (d. h. real heißt er gar nicht so). Es kam die
Vermutung auf, dass er ein U-Boot (speziell ein CS-U-Boot) sein könnte. Ich
halte das für sehr wahrscheinlich, weil ich ihn über längere Zeit in einem
Telegram-Forum beobachten konnte, wo er sich ersichtlich alle Mühe gab, die
rechten Teilnehmer zu einschlägigen Aussagen zu provozieren und überhaupt die
Partei weiter nach rechtsaußen zu drücken. Diese Provokationsstrategie war
leicht durchschaubar; das habe ihm häufig sogar an den Kopf geworfen. Aber den
naiv-vertrauensseligen Dackel-Flügellanten haben seine
"patriotischen" Phrasen gereicht, um ihn nach wie vor für einen der Ihren
(und wahrscheinlich für ein unschuldiges Opfer böser AMler) zu halten. Gut
möglich, dass er es war, der die Terminierung angeregt hatte - mit entsprechend
destruktiven Hintergedanken. Die schmerzbefreiten Superpatrioten haben
natürlich nix gemerkt:
Dort wartet leichte Futterbeute
Auf Haldenwänglis Haien-Meute
.....
In Chemnitz reitet der Prätendent
die AfD voll in die K‘e
Am 01.09.2018 fand in
Chemnitz eine große Demonstration der AfD statt, und zwar als Schweigemarsch für einen ermordeten Deutschen. Im Wikipedia-Stichwort "Ausschreitungen in
Chemnitz 2018" wird sie in dem Kapitel "Demonstrationen und
Gegenproteste", Unterabschnitt "1. September", beschrieben als "ein von Pegida, AfD Sachsen, AfD
Brandenburg und AfD Thüringen gemeinsam für 500 bis 1.000 Teilnehmer
angemeldeter 'Schweigemarsch' unter dem Motto 'Wir vergessen nicht'.“
Anlass war die Tötung des
Deutschen Daniel H. durch einen oder mehrere Eindringlinge mit einem Messer.
Für den vorliegenden Zusammenhang sind die Einzelheiten der Tat - vgl. Wikipedia-Artikel - unerheblich, weil es hier nur um den Ablauf des
Schweigemarsches geht.
Wesentlich ist dabei
zunächst, dass der Prätendent, als Vorsitzender der AfD Thüringen, für die Demo
juristisch mitverantwortlich war (aufgrund der Mit-Anmeldung). Noch wichtiger
ist, dass er dort als Führungsfigur wahrgenommen wurde und aufgetreten ist;
POLITISCH war er also "der" Verantwortliche überhaupt.
Gegen den Schweigemarsch als
solchen ist nichts zu sagen; auch in den Medien wird dieser nicht "an
sich" kritisiert. Was kritisiert, und wieder und wieder ausgewalzt und
breitgetreten wird, ist ein angeblicher "AfD-Schulterschluss mit
Rechtsextremen" ("Tagesschau" vom 06.09.2018).
In meinem Blott "Nochmal 'AfD und Chemnitz': Reichsfunk reitet auf dem
Rücken der Gebührensklaven Schlammschlacht gegen AfD" vom
08.09.2018 hatte ich die Veranstalter noch verteidigt. Aber schon damals
geschrieben:
"Allerdings gibt es
eine Achillesferse der AfD:
'Auf Anfrage zu der
gemeinsamen Demonstration von AfD und Rechtsextremen in Chemnitz hieß es aus
der Parteizentrale gegenüber Monitor nur: Kein Kommentar'.' Hier erwarte ich
eine SOFORTIGE Stellungnahme der AfD Thüringen (bzw., wenn die nicht kommt,
eine Intervention des BuVo):
- Ob und warum man Monitor
tatsächlich mit dieser Nicht-Aussage abgespeist hat und
- was an der Sache (nicht)
dran ist!!!
Wie ich überhaupt erwarte,
dass man sich diesen Monitor-Kommentar dort vornimmt und in gleicher Weise
kritisch analysiert, wie ich das oben getan habe. ..... Im Übrigen habe ich
heute am frühen Morgen per E-Mail beim LV Thüringen angefragt und um
Stellungnahme gebeten. Die ich hier nachtragen werde. Falls insoweit nichts
kommt, dann habe ich keine Stellungnahme erhalten. Wenn sich der LV auch nicht
anderweitig zu dem Vorwurf geäußert hat, der Schulterschluss mit den
Rechtsextremisten sei von vornherein geplant gewesen, dann möge der AfD-BuVo
dem LV bitte ein gewaltiges Feuer unter dem Hintern anzünden!"
Eine Antwort vom LV Thüringen
habe ich nicht bekommen; auch sonst ist mir nicht bekannt geworden, dass die
Absprache mit Kohlmann von AfD-Seite abgestritten worden wäre. Ich darf also
legitimer Weise davon ausgehen, dass der Prätendent tatsächlich mit "Pro
Chemnitz" eine Vereinigung beider Demos abgesprochen oder zumindest
Kenntnis von einer solchen Absprache hatte.
Dass der AfD-Bundesvorstand
seinerzeit nichts zur Aufklärung unternommen und dem Prätendenten (und den ggf.
sonst an der Abmachung mit Pro Chemnitz Beteiligten) keine Rüge erteilt hat,
IST EIN SKANDAL ERSTER GÜTE. Das hätte geklärt gehört, dafür hätten die
Beteiligten scharf gerügt werden müssen und die AfD hätte sich davon knallhart
distanzieren müssen. Dass alles dies nicht passiert ist, hängt uns nun auf ewig
an. (Und das alles zum gegenwärtigen Zeitpunkt vielleicht noch nachzuholen,
wäre kontraproduktiv.)
Es gibt kein anderes
Ereignis (Lucke-Austritt evtl. ausgenommen),
das unsere Partei in der öffentlichen Wahrnehmung in gleichem Ausmaß beschädigt
hat wie die Demo in Chemnitz.
(Nachtrag:
Gerade aktuell liefert der SPON-Artikel „Politische Folgen von Chemnitz. Eine Attacke, die das Land aufwühlte“ vom 22.08.19 eine
Zusammenstellung der Folgeschäden für unsere AfD.)
Und dieser Krebsschaden
frisst sich weiterhin durch die Debatte: Immer wieder erwähnen die Medien, dass
die AfD "in Chemnitz gemeinsam mit Neonazis"
marschiert sei. Das wäre eine Lüge, wenn die sich "unserer" Demo
"nur so" angeschlossen hätten: Dann müsste es umgekehrt heißen, dass
"Neonazis sich der AfD-Demo angeschlossen haben" (und das kann
kein Veranstalter verhindern, wenn die sich ansonsten an die Demo-Regeln
halten). War freilich die Vereinigung mit der Pro-Chemnitz-Demo vorher
abgesprochen (und davon muss ich ausgehen), dann kann man gegen die von den Medien
gewählte Formulierung nichts einwenden.
Meine Schlussfolgerung aus
"Chemnitz": Der Erfurter Bonsai-Bismarck hat durch seine
"Strategie" bei diesem Trauerumzug unserer AfD einen MASSIVEN UND
BLEIBENDEN SCHADEN zugefügt. Auf Landesebene mag er trotzdem ein brauchbarer
Politiker sein; auf der AfD-Bundesebene hat ein solcher Rechtsaußen-Dilettant
NICHTS ZU SUCHEN UND NICHTS VERLOREN! (Und das gilt natürlich auch für die von
ihm angekündigte indirekte Einflussnahme auf die Zusammensetzung des BuVo durch
seine Parteikampfgruppen und ebenso für evtl. weitere Einflussversuche über
seine geflügelte Prätendenten-Prätorianergarde.)
Zusammenfassend stelle ich
über den Prätendenten fest:
Man muss gar nicht erst auf äußere Umstände abstellen (die viele anziehen und noch mehr abstoßen), wie etwa
sein messianisches Auftreten und seine korrespondierende Selbsteinschätzung*
oder die photographische Inszenierung als prophetischer
Visionär, um eine klaffende
Diskrepanz zwischen Anspruch und Gehalt zu konstatieren. Vielmehr zeigt gerade
eine inhaltliche Analyse seiner Äußerungen, dass bei dem Prätendenten, in
Umkehrung des preußischen Mottos "Mehr sein als scheinen", der
großartige Schein ein durchaus überschaubares politisches und intellektuelles
Sein camoufliert.
* Zitat (meine Hervorhebung)
"Vielleicht ist die Zeit für einen neuen Politikertypus gekommen. Für einen, der dadurch das so unerläßliche Charisma
entfaltet, daß er auf der Basis der Vernunft und des Verstandes seiner Liebe
zum Eigenen und zum Immergültigen gefühlsstark Ausdruck verleihen kann. Das
Auftauchen einer solchen Persönlichkeit könnte viel bewegen. ..... Ich bin der festen Überzeugung, daß es
diese Person schon gibt."
"Aber die Sehnsucht
der Deutschen nach einer geschichtlichen Figur, welche einst die Wunden im Volk
wieder heilt, die Zerrissenheit überwindet und die Dinge in Ordnung bringt, ist
tief in unserer Seele verankert, davon bin ich überzeugt.“ (Zitat aus
"Nie zweimal in denselben Fluss“; hier.)
Nachtrag 02.09.2019
Auch in der heutigen Bundespressekonferenz der AfD nach den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen hat der Prätendent wieder verkündet (bzw. aus meiner Sicht: gedroht), dass er sich nach seiner eigenen LTW um die BuVo-Wahl kümmern werde.
Auch in der heutigen Bundespressekonferenz der AfD nach den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen hat der Prätendent wieder verkündet (bzw. aus meiner Sicht: gedroht), dass er sich nach seiner eigenen LTW um die BuVo-Wahl kümmern werde.
ceterum censeo
Wer alle Immiggressoren der Welt in sein Land lässt, der ist nicht "weltoffen":
Der hat den A.... offen!
Textstand vom 30.12.2019
Eine erstklassige Zusammenstellung, sehr gut.
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